ES IST UND BLEIBT ÖKONOMISCH UNSINNIG, DAS RENTENALTER ANZUHEBEN
: Der Renten-Evergreen

Die Rente war noch nie so sicher wie in diesem Wahlkampf. Die CDU denkt gar nicht mehr an Rentenkürzungen, die Linkspartei fordert eine Mindestrente, die Grünen überlegen nur noch, wie man über 55-Jährigen eine Beschäftigung am „zweiten Arbeitsmarkt“ organisiert – und die SPD hofft einfach, das „faktische Renteneintrittsalter an das gesetzliche Eintrittsalter“ heranzuführen. Alles prima also. Nur die FDP will, wie immer, soziale Einschnitte und will die Menschen später in den Ruhestand schicken.

Arbeiten bis 67 oder sogar bis 70 – das ist ein Evergreen in der Rentendebatte. Wenn einem gar nichts mehr einfällt angesichts bald leerer Kassen, soll das Renteneintrittsalter erhöht werden. Das verlangten gestern mal wieder DIW-Chef Klaus Zimmermann und der Wirtschaftweise Bert Rürup. Zudem sollen die Alten natürlich noch weniger verdienen.

So einfach lässt sich das Rentenproblem lösen – wenn man großzügig alle Gegenargumente ignoriert. Doch schon seit Jahren ist klar: Das Kriterium Alter ist ein Ausschlussgrund am Arbeitsmarkt. Nur jeder Dritte zwischen 55 und 64 Jahren hat einen festen Job. Zwei von fünf Langzeitarbeitslosen sind älter als 55 Jahre. Das Arbeitslosengeld I oder II ist für sie eine Ersatzrente. Hinzu kommt: Ein Drittel derjenigen, die in Rente gehen, müssen dies tun, weil sie berufs- oder erwerbsunfähig geworden sind.

Setzte man die Vorschläge von Zimmermann, Rürup und den Liberalen um, müsste man damit rechnen, dass einige hunderttausend der über 60-Jährigen keine Jobs finden oder überhaupt ausüben könnten. Und das hieße: Sie würden über die Sozialkassen finanziert werden – bis sie schließlich doch Rente bekommen. Die finanzielle Entlastung der Arbeitnehmer und des Sozialsystems wäre gleich null.

Zudem würde die Konkurrenz auf dem ohnehin hart umkämpften Arbeitsmarkt noch härter. Schließlich prognostizieren selbst optimistische Ökonomen auf lange Sicht keine neuen Arbeitsplätze. Am besten, man ignoriert den Renten-Evergreen genauso wie das folgenlose „Die Rente ist sicher“-Wahlkampfblabla. DANIEL HAUFLER