Fundis endlich außer Sicht- und Hörweite

AbtreibungsgegnerInnen dürfen in Frankfurt am Main nicht mehr vor Beratungsstellen demonstrieren

Aus Frankfurt am Main Kevin Culina

Der Platz vor dem Frankfurter Palmengarten ist leer, es regnet. Auch vor dem Eingang der Beratungsstelle Pro Familia gleich nebenan steht an diesem Mittwochvormittag niemand. Eine kleine Gruppe von katholischen Abtreibungsgegner*innen hatte sich eigentlich zum Protestgebet angekündigt. Seit 2017 demonstriert die christlich-fundamentalistische Gruppe „40 Days for Life“ immer wieder mit Gebeten und religiösen Gesängen gegen Abtreibung. Bisher vor der Frankfurter Beratungsstelle. Dieses Jahr klappt das allerdings nicht mehr und das liegt nicht nur am Regen.

Durch einen Erlass des hessischen Innenministeriums sind die lokalen Behörden dazu angewiesen, entsprechende Proteste per Auflage außerhalb der Ruf- und Sichtweite von Beratungsstellen zu platzieren. Als „vollen politischen Erfolg“ bewertet diese Entscheidung Beatrix Baumann vom Frankfurter Bündnis für Frauenrechte.

Wo also sind die Protestler? Wenige Schritte entfernt, an einer stark befahrenen Straßenkreuzung, wird gewartet – GegendemonstrantInnen, die den FundamentalistInnen die Stirn bieten wollen. Etwa ein Dutzend, zumeist Frauen. In einer Tasche halten sie ein Protestplakat, eine Frau bestückt die Ampeln mit Kleiderbügeln und Flyern zum Protest. Die AbtreibungsgegnerInnen aber sind immer noch nicht da. Als nach einer knappen Stunde immer noch nichts von ihnen zu sehen ist, löst sich die Gruppe der GegendemonstrantInnen weitestgehend auf. Das Transparent bleibt eingepackt.

Kaum sind die Aktivist*innen weg, stehen aber zwei Männer gleich neben dem Versammlungsort. Ein älterer Herr hält einen Rosenkranz in der Hand, auf dem Kopf trägt er eine Kappe der „40 Days for Life“-Kampagne. „Wir sind Gläubige, wir beten für die Ungeborenen“, erklärt er seine Motivation. Ihren Namen wollen sie nicht in der Zeitung lesen, „dann könnten wir nicht mehr durch Frankfurt laufen“, behauptet einer der beiden.

Wenige Minuten später stehen sieben Betende nebeneinander aufgereiht und beginnen ihre Gebete auf Kroatisch und Deutsch. In ihren Händen halten sie Schilder, etwa mit einem Bild der Mutter Maria als „Beschützerin der Ungeborenen“.

Der ältere Herr mit der Kappe hat sich mittlerweile ein Schild umgehängt, „Gebet für das Leben“ steht darauf. Er würde nie eine Ratsuchende vor der Pro Familia bedrängen, es gehe lediglich um ein Gebet. Auch ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen fordere er nicht, vielmehr bete er so lange, „bis das nicht mehr nötig ist“.

Einen gänzlich anderen Eindruck vermittelt jedoch die Internetseite der Kampagne „40 Days for Life“. Dort wird behauptet, die Kampagne habe zur Schließung von 108 Abtreibungskliniken und der vermeintlichen Rettung von über 16.000 Leben geführt. Abtreibungen seien eine „Seuche“, wie sie in ihrem aktuellen Newsletter betonen.