Smartphones und Schlafstörungen: Wach vom bläulichen Licht

Vor dem zu Bett gehen noch ewig ins Display zu starren kann die eigene Nachtruhe stören. Aber Computer und die richtigen Apps können auch helfen.

Smartphone mit den verschiedenen Social Media Apps

Keine gute Bettlektüre Foto: dpa

Die Dosis macht das Gift. Ein Grundsatz, der bekanntlich für Medikamente, Gummibärchen und Castingshows gilt. Und für Licht. Wer sich abends mit zu viel davon umgibt, wird Schlafprobleme haben, da sind sich Schlafforscherinnen und -forscher einig. Vor allem das bläuliche Licht, das unsere Smartphones und Computer ausstrahlen, hält uns vom Schlafen ab. Es gaukelt dem Körper nämlich vor, es sei Tag, indem es die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin verzögert.

Kürzlich veröffentlichte Ergebnisse eines niederländischen Experiments zeigten etwa, dass Menschen im Teenager­alter früher einschlafen, wenn sie abends ihre Smartphones, Tablets und Computer entweder gar nicht benutzen oder dabei eine Brille tragen, die das bläuliche Licht herausfiltert. So weit, so bekannt.

Aber natürlich ist das Verhältnis zwischen Schlaf und moderner Technik komplizierter. Es könnte ja sein, dass die jungen Menschen aus der Studie früher ins Bett gingen, weil ihnen ohne digitale Ablenkung langweilig war.

Hätten sie langfristig abends Handyverbot, würden ihnen vielleicht andere Dinge einfallen, die sie ebenso vom Schlafen abhielten. Gummibärchen essen oder an Castingshows teilnehmen etwa. Zudem wurden in dem Experiment nur 55 Teenagerinnen und -teenager über einen Zeitraum von fünf Wochen untersucht.

Onlinecoach für die Nachtruhe

Außerdem können Smartphones und Computer bei Schlafproblemen durchaus behilflich sein. Eine Studie, die im September im Fachjournal Sleep erschien, testete beispielsweise ein Onlineprogramm namens „Sleepio“. Das bietet einen Onlinecoach, der mithilfe von kog­ni­tiver Verhaltenstherapie die Nachtruhe verbessern soll, indem also Denk- und Verhaltensmuster zum Thema Schlaf geändert werden.

In die Studie inkludiert wurden Menschen, die an Schlaflosigkeit litten. Aus Insomnie entwickeln sich oft Depressionen, weshalb die Forscherinnen und -forscher mutmaßten, dass die erfolgreiche Behandlung von Schlaflosigkeit Depression vorbeugen könnte. Die Ergebnisse gaben ihnen recht. Bei jenen Menschen, die das Programm durchliefen, gab es ein Jahr später ein geringeres Risiko, an Depressionen zu leiden.

Und was ist mit Apps, die den Schlaf messen? Sie zeichnen auf, wie lange und tief man schläft, und versprechen zudem, die Userin oder den User in der richtigen Schlafphase zu wecken. Solchen Apps haben Forscherinnen und Forscher im vergangenen Jahr ein vernichtendes Urteil ausgestellt.

Im Journal of Clinical Sleep Medicine wurden 73 Apps systematisch beurteilt. Nur drei davon basierten auf klinischen Studien, in denen deren Messergebnisse mit denen eines Polysomnografen verglichen wurden. Es zeigte sich, dass das, was die Apps aufzeichneten, ungenau war. Die American Academy of Sleep Medicine sieht im Einsatz von solchen Apps dennoch einen Vorteil: Immerhin beschäftigen sich nun mehr Menschen mit gesundem Schlaf – und würden sich dann eher ärztlicher Behandlung unterziehen.

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Journalistin und Autorin in Wien. Schreibt über Wissenschaft für den "Falter", kommentiert Politik für die "Presse". War zuvor Redakteurin bei "The Forward" in New York. "Versteckte Jahre. Der Mann, der meinen Großvater rettete" über ihre Familiengeschichte erschien 2018 im Paul Zsolnay Verlag, 2020 in englischer Übersetzung ("I belong to Vienna") bei New Vessel Press (New York). Von 2019 bis 2020 schrieb sie die Kolumne "Die Internetexplorerin" für die taz.

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