Zilberman Gallery
: Das Gestern im Heute berühren

Isaac Chong Wai, „The Silent Wall – Berlin“, 2019 Foto: Courtesy Zilberman Gallery and the artist

Fragile Angelegenheiten sind die gläsernen Abformungen von Einschusslöchern, die Isaac Chong Wai in die Zilberman Gallery gestellt hat. Jede von ihnen ruht auf einem Sockel, bedeckt von einer darauf balancierenden, quadratischen Glasplatte. Die kleinen Skulpturen sind leicht zerstörbare Zeugnisse von Zerstörung, sie bilden das ab, was im Stadtraum unsichtbar, zu Staub zerfallen ist. Man könnte die Originale suchen, sie stammen alle aus Berlin, es sind Einschusslöcher aus dem Zweiten Weltkrieg, Chong hat die GPS-Daten notiert. Ein paar von ihnen sind vermutlich auch in seiner Videoarbeit „The Silent Wall“ zu sehen. Als handle es sich um Wunden, die er per Handauflegung heilen könnte, bedeckt Chong darin nach und nach Einschusslöcher an verschiedenen Orten Berlins.

Der Umgang mit dunklen Seiten der Geschichte, die Frage, wie sich Vergangenheit aus der Gegenwart konstruiert, der aktive Prozess des kollektiven wie individuellen Gedächtnisses ist auch in den anderen Arbeiten zentral. „I Dated a Guy in Buchenwald“ etwa: Über die App Grinder hatte sich Chong mit einem gewissen François in dem ehemaligen Konzentrationslagers verabredet. Sie küssten sich dort, wo Homosexuelle einst inhaftiert und getötet wurden. Zu sehen ist all das nicht, Chong hat sein Date nicht dokumentiert, François aber gebeten, darüber zu schreiben. In der Ausstellung hängen die Zeilen an der Wand, zu lesen als in Eichenholz gerahmtes Zeichen menschlicher Wärme, die selbst an Orten menschlicher Kälte wirken kann. (bsh)

Bis 9. 11., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Goethestr. 82