Rechtes Netzwerk in Sicherheitsbehörden: „Hannibal“ muss vor Gericht

Der Ex-KSK-Soldat André S. soll 120 Tagessätze Geldstrafe bezahlen. Es geht um Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz.

Zwei Soldaten in Kampfmontur, einer mit Sturmgewehr

KSK-Soldaten bei einer Übung im Häuserkampf (Archivbild) Foto: dpa

BERLIN taz | Als Ermittler des Bundeskriminalamts vor zwei Jahren André S.' Wohnhaus und Elternhaus sowie seine Stube in der KSK-Kaserne in Calw durchsuchten, fanden sie nicht viel. Der Bundeswehrsoldat hatte einen Laptop rechtzeitig versteckt – das gaben später Kameraden und Vorgesetzte seiner Einheit vor Gericht an. André S. hatte es ihnen selbst erzählt. Was die Ermittler laut Staatsanwaltschaft Stuttgart sicherstellen konnten: Zwei Handvoll Patronen, Nebel- und Signalgranaten sowie eine Kiste, in der sich Zünder von Handgranaten befanden. Alles illegal in André S.' Besitz.

André S. soll nach taz-Informationen deswegen nun 120 Tagessätze Geldstrafe zahlen. Das Amtsgericht Böblingen hat gegen den 34-Jährigen einen Strafbefehl wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz verhängt, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart der taz bestätigte. Wie die Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte, hat er dagegen Einspruch eingelegt, deswegen kommt es zum Prozes. André S. ist damit angeklagt.

Es gehe um den „vorsätzlichen unerlaubten Besitz von Munition in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen in zwei tateinheitlichen Fällen“, so die Staatsanwaltschaft. Die Höhe der Tagessätze wollte die Sprecherin auf Anfrage nicht nennen. Die Munition und die Gegenstände wurden den Angaben zufolge in den Privathäusern gefunden, nicht in der Kaserne.

Große Überschneidungen

André S. wurde inzwischen von der Bundeswehr-Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte wegversetzt, ist aber bis heute Angehöriger der deutschen Streitkräfte. Aufgefallen ist er in erster Linie mit außerdienstlichen Aktivitäten. Er war Gründer mehrerer Gruppen, deren Mitglieder sich als sogenannte Prepper auf einen „Tag X“ vorbereiteten. Gegen mehrere Männer aus diesen Gruppen, die sich in Telegram-Chats und bei realen Treffen austauschten, laufen Ermittlungen.

Unter anderem wirft der Generalbundesanwalt zwei Mitgliedern der „Nordkreuz“-Gruppe aus Mecklenburg-Vorpommen vor, Feindeslisten angelegt und die Tötung politischer Gegner geplant zu haben. Der „Nordkreuz“-Administrator wurde vergangene Woche in Schwerin angeklagt, weil er mit Hilfe weiterer Polizisten zehntausende Schuss Munition gehortet haben soll. Auch der Bundeswehrsoldat Franco A., der laut Generalbundesanwalt als Syrer getarnt Terroranschläge plante, war Teil des Netzwerks, in Süddeutschland. Vor einer Woche wurde ein Mann, der für Franco A. Munition und Sprengsatzteile aufbewahrte, zu einem Jahr Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt.

André S. war auch Gründer und Vorstandsmitglied des gemeinnützigen Vereins Uniter e.V. mit Sitz in Stuttgart. Die taz hatte große Überschneidungen zwischen den Prepper-Gruppen und dem Verein aufgezeigt und aufgedeckt, dass der Verein paramilitärische Trainings durchführte und dem philippinischen Autokraten Rodrigo Duterte seine Dienste anbot.

Auf seiner Webseite hat der Verein Uniter behauptet, es gebe „keine laufenden Ermittlungen oder Strafverfahren gegen den Verein selbst oder gegen Mitglieder des Uniter e.V.“ Ebenso betont der Verein: „Uniter ist kein rechtsextremistischer Verein und erst recht auch keine rechtsterroristische Vereinigung!“ Der Generalbundesanwalt hat zu Uniter einen Beobachtungsvorgang angelegt, das ist eine Vorstufe zu einem möglichen Ermittlungsverfahren.

Sollte André S. zu mindestens 60 Tagessätzen verurteilt werden, dürfte er wegen fehlender „Zuverlässigkeit“ über keinen Waffenschein und keine Waffenbesitzkarte verfügen und kein Sicherheitsgewerbe anmelden. Auch auf sein Disziplinarverfahren dürfte sich die Verurteilung auswirken.

Der Text wurde am 23. September um 16.35 Uhr aktualisiert, da André S. inzwischen Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat.

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Illustration: taz/Infotext-Berlin (Montage)

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