Mietendeckel in Berlin: „Preiswert ist nicht unsere Aufgabe“

1.000 Euro kalt für 50 Quadratmeter: Akelius-Chef Ralf Spann verteidigt sein Geschäftsmodell im Streitgespräch mit dem Stadtforscher Andrej Holm.

Zwei Männer an einem Tisch im Gespräch

Ralf Spann (l.) und Andrej Holm im Streitgespräch in der taz Foto: Karsten Thielker

taz: Herr Spann, Herr Holm, in Berlin herrscht Wohnungskrise. Bestandsmieten und Neuvermietungsmieten haben sich enorm auseinanderbewegt. Wer kann das wieder in den Griff kriegen – der Markt oder der Staat?

Andrej Holm: Die Frage ist ja, was geregelt werden soll. Es geht gar nicht darum, dem Markt sämtliche Steuerungsfunktionen abzusprechen. Was der Markt aber nicht gut kann, ist, diejenigen mit weniger Geld als der Durchschnitt angemessen mit Wohnraum zu versorgen. Man kann doch stolz darauf sein, dass Berlin noch eine relativ gemischte Stadt ist. Das ist international eine riesige Ausnahme, dass wir eine Stadt haben, deren Innenstadt noch nicht eindeutig an die Wohlhabenden gegangen ist.

Ralf Spann: Wir sind uns, denke ich, einig, dass es zu wenig günstigen Wohnraum gibt. Aber dazu sage ich ganz klar: Die beste Maßnahme gegen steigende Mieten ist der Bau von neuen Wohnungen. Regulierung schafft keinen neuen Wohnraum. Nur neuer Wohnraum schafft Entspannung am Wohnungsmarkt.

Sie würden aber zustimmen, dass eine sozial gemischte Innenstadt erstrebenswert ist?

Spann: Nein. Ich habe gesagt, dass es mehr preiswerte Wohnungen braucht.

Was heißt denn preiswert?

Spann: Das wird ja mit fünf bis sieben Euro pro Quadratmeter diskutiert. Und davon gibt es zu wenig. Aber das ist Aufgabe des Staates, solche Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Es gab 1990 in Deutschland 2,9 Millionen Sozialwohnungen. 2018 waren es nur noch 1,2 Millionen Sozialwohnungen. Sozialer Wohnungsbau ist Aufgabe des Staates.

Es gibt die Forderung nach Enteignung, nach Vergesellschaftung von Wohnraum. Würden Sie sagen, wenn die Konzerne entschädigt werden, ist das eine adäquate Maßnahme?

44, leitet das Europa-Geschäft des schwedischen Immobilienkonzerns Akelius und ist Geschäftsführer von Akelius Berlin. Das Berliner Standbein des Unternehmens hat er seit den Anfängen 2006 mit aufgebaut, mittlerweile ist Berlin der größte Standort für den Konzern.

Spann: Also noch mal: Enteignung, Vorkaufsrecht, Mietpreisbremse, Mietendeckel – das schafft alles keinen neuen Wohnraum. Bei den Enteignungen wird ja über 200.000 Wohnungen diskutiert. Meiner Auffassung nach wären dafür ungefähr 30 Milliarden Euro fällig. Eine kleine Anzahl von Leuten würde davon profitieren. Da ist doch die Frage: Ist das gerecht? Und die andere Frage ist: Was könnte man mit dem Geld machen, wie könnte man mit dem Geld helfen? Meiner Meinung nach sollte man das Geld nehmen und damit neue Wohnungen bauen.

49, ist Stadt- und Regionalsoziologe an der Humboldt Universität. Seit Anfang der 1990er Jahre ist er in verschiedenen Stadtteil- und Mieterinitiativen aktiv. 2016 wurde er von der rot-rot-grünen Regierung in Berlin zum Staatssekretär für Wohnen berufen, trat aber nach einer öffentlichen Debatten über eine begonnene Ausbildung beim Ministerium für Staatssicherheit nach wenigen Wochen wieder zurück.

Sie sagen, Neubau ist die Lösung. Akelius engagiert sich allerdings kaum beim Wohnungsbau.

Spann: Wir sind ein langfristig orientiertes Wohnungsunternehmen. Wir bewirtschaften unsere Immobilien, wir vermieten sie, wir modernisieren sie. Wir sind kein Projektentwickler. Was wir aber machen, ist: Dachgeschossausbau, mal eine Baulücke schließen. Wir wollen in den nächsten Jahren 1.500 Wohnungen in Berlin bauen und so unseren Beitrag leisten.

Herr Holm, wie sehen Sie das mit dem Neubau?

Holm: Mich ärgert an der Diskussion, dass ja immer aufgeführt wird, welche Maßnahmen alle nicht zum Neubau führen. Wenn ich jetzt aber überlege, ob der massenhafte Handel mit Bestandsimmobilien irgendeine neue Wohnung baut, komme ich ja zu dem Ergebnis, dass das nicht so ist. In den letzten zehn Jahren sind fast 140 Milliarden Euro für den Erwerb von Bestandsimmobilien und Grundstücken ausgegeben worden. Für den Wohnungsbau vielleicht 16 Milliarden, hoch angesetzt. Das ist doch ein Ungleichgewicht: Wenn es dem Markt überlassen bleibt, fließt das Geld nicht in den Wohnungsbau.

Spann: Wir sind ein Bestandshalter von Wohnimmobilien, langfristig orientiert. Wir sind nicht auf Neubau spezialisiert. Was wir machen, ist, dass wir Wohnimmobilien erwerben, die lange Jahre vernachlässigt worden sind. Dann modernisieren wir diese Wohnungen, sehr behutsam. Das heißt, dass sich die finanziellen Einschränkungen für die Mieter in Grenzen halten. Wenn es Mietanpassungen geben sollte, dann strecken wir die auf drei bis fünf Jahre. Kein Mieter muss bei uns deswegen ausziehen. Wir sind nur daran interessiert, bei Fluktuation, wenn also jemand auszieht, weil er eine Familie gründet oder den Arbeitsplatz wechselt, die Wohnung zu sanieren. Die machen wir schon sehr schön, das ist eine Topqualität. Und die vermieten wir dann zur Marktmiete. Das ist unser Geschäftsmodell.

Was meinen Sie mit Marktmiete?

Spann: Wir nehmen die Miete, die Leute bereit sind zu zahlen, für eine sehr gut ausgestattete Wohnung, in einer zentralen Lage, in einem sanierten Haus.

Holm: Das waren zuletzt ja bei Ihnen bis zu 20 Euro pro Quadratmeter. Kalt.

Spann: Die Menschen, die diese Wohnungen mieten, wollen unsere Wohnungen. Sie wollen zentrale Lage, gutes Objekt, top saniert. Noch mal: Wir sind langfristig ausgerichtet. Uns interessiert nur die Fluktuation, das ist lukrativ. Alles andere nicht. Bestandsmieter sind genauso wie Neumieter herzlich willkommen. Sie sollen und dürfen so lange wohnen, wie sie wollen. Wir haben kein Interesse, unsere Investitionen über unsere Bestandsmieter reinzuholen.

Holm: Aber das heißt doch, langfristig gesehen tauscht sich auch die Mieterschaft in den Akelius-Häusern aus. Nach jedem Auszug gibt es eine preiswerte Wohnung weniger und eine teure Wohnung mehr.

Spann: Die frei werdende Wohnung sanieren wir, richtig. Wir sind der Meinung: Die preiswerten Wohnungen bereitzustellen, das ist Aufgabe des Staates. Es ist nicht unsere Aufgabe, preiswerten Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Foto: Karsten Thielker

Was könnte ein Mietendeckel bewirken?

Spann: Zwischen 2011 und 2017 sind 330.000 Menschen nach Berlin gekommen. Im gleichen Zeitraum wurden 65.000 Wohnungen neu gebaut. Wir haben etwa 40.000 Menschen pro Jahr, die nach Berlin kommen. Das Wohnungsangebot bleibt gleich. Und jetzt ist die entscheidende Frage: Wer bekommt die günstige Wohnung in der Innenstadt? Meine Prognose ist, dass die privaten Vermieter schauen: Wer passt in die Hausgemeinschaft? Und wer hat eine vernünftige Bonität? Das heißt, die Leute, die eigentlich bedürftig sind, bekommen keine Wohnung.

Wird Akelius das auch machen?

Spann: Bei uns sind alle Mieter willkommen. Bei uns darf jeder mieten. Wir schauen darauf, dass der Mieter in die Hausgemeinschaft passt und dass die Bonität so ist, dass er langfristig in der Lage ist, die Miete zu zahlen. Das ist alles.

Holm: Sie haben prognostiziert, der Mietendeckel würde bewirken, dass diejenigen, die mit wenig Geld neu in die Stadt kommen, keine Chance auf eine Wohnung haben. Aber diesen Effekt haben doch die hohen Neuvermietungsmieten schon jetzt. Der Mietendeckel soll vor allem die Bestandsmieter schützen. Damit dürfte Akelius doch gar kein Problem haben, wenn Mietsteigerungen im Bestand nicht das Kerngeschäft Ihres Unternehmens sind.

Akelius besitzt mittlerweile rund 14.000 Wohnungen in Berlin, das sind 0,7 Prozent des Berliner Wohnungsbestands. Neue Analysen des Projekts Mietenwatch zeigen: Kein anderes Unternehmen nimmt bei der Neuvermietung von Wohnungen höhere Mieten als Akelius. Akelius setzt weniger auf die Erhöhung der Bestandsmieten als vielmehr auf die maximal möglichen Neuvermietungsmieten: Da die Wohnungen vor jeder Neuvermietung saniert werden, greift die Mietpreisbremse nicht. Axel Gedaschko, Präsident des bundesweiten Immobilienverbands GdW, bezeichnete die Geschäftspraxis von Akelius im Mai in einem Interview als "schlicht asozial". Da die Neuvermietungsmieten den Mietspiegel und damit die Mieten in ganz Berlin beeinflussen, wird Akelius als Berlins größter Mietpreistreiber bezeichnet. Hauptaktionärin des Unternehmens ist die Akelius-Stiftung des schwedischen Unternehmensgründers Roger Akelius. Der Mietendeckel, ganz gleich ob mit der umstrittenen Absenkungsoption oder nicht, würde das Geschäftsmodell von Akelius empfindlich treffen, damit die jetzigen Neuvermietungsmieten mit ihm nicht mehr möglich wären. (mgu)

Spann: Wir schützen unsere Bestandsmieter. Sie dürfen so lange bleiben, wie sie wollen. Wir hätten auch kein Problem damit, wenn die Bestandsmieten nur noch nach Preisindex angehoben werden könnten. Da kann von mir aus auch reguliert werden. Aber die freien Wohnungen möchten wir sanieren und eine Marktmiete bekommen.

Fängt das Problem nicht schon da an, wo Wohnen als Ware betrachtet wird?

Holm: Ich kann Marktakteuren eigentlich nicht vorwerfen, dass sie Wohnungen als Ware betrachten. Das ist ja nun mal das unternehmerische Geschäftsmodell. Meine Forderung ist auch nicht, dass private Unternehmen auf eigenes Risiko Wohnungen für die Ärmsten der Stadt bauen. Das hat es in 150 Jahren Kapitalismus noch nirgendwo gegeben und wird es auch nicht geben. Natürlich ist das Teil der öffentlichen Verantwortung. Aber aus der hat sich Berlin ja in den letzten 25 Jahren massiv zurückgezogen. Privatisierungen, Stopp des sozialen Wohnungsbaus, Liberalisierung aller städtebaulichen Regulationen.

Der Staat muss jetzt also radikal eingreifen, auch zulasten privater Vermieter?

Holm: Ja, nach 25 Jahren neoliberaler Wohnungspolitik zugunsten privater Gewinne ist es wirklich an der Zeit für eine Politik im Interesse der Mieterinnen und Mieter. Soziale Wohnversorgung und private Gewinnerwartung schließen sich aus. Werden soziale Mietpreise durch eine Regulierung verordnet, dann reduzieren sich die wirtschaftlichen Erträge. Andersherum: Ohne staatlichen Eingriff wird die Mietentwicklung der Marktlogik überlassen und die Zahl der preiswerten Wohnungen wird sich weiter verringern. Da ist der Staat aus meiner Sicht im Moment völlig zu Recht aufgefordert, die schützende Hand über den Großteil der Mieterinnen und Mieter zu legen. Gleichzeitig ist klar, dass die Ausweitung des öffentlichen gemeinwirtschaftlichen Wohnungsbaus und die Forcierung des leistbaren Wohnungsbaus eine Hauptaufgabe ist. Aber das ist ein Prozess, der etwas dauert, der eben keine unmittelbare Lösung ist.

Spann: Die Mietregulierung schützt die Bestandsmieter. Aber was ist denn mit denen, die nach Berlin kommen? Der Mietendeckel baut keine Wohnungen. Wir brauchen aber mehr Wohnungen.

Holm: Kein Mietendeckel baut doch auch keine Wohnungen. Das sind doch zwei verschiedene Instrumente, die sich nicht ausschließen.

Auch Neuvermietungsmieten fließen in den Mietspiegel ein. Das heißt, die Marktmiete, die etwa Akelius nimmt, betrifft ja nicht nur den jeweiligen Mieter, der sich das vielleicht leisten kann, sondern auch alle anderen.

Spann: Es ist unheimlich schade, dass sich nicht mehr Menschen diese Mieten leisten können. Das bedauere ich sehr, wirklich. Aber Einkommens­ungleichheit, Arbeitslosigkeit, wirtschaftliches Wachstum: All das ist Aufgabe der Politik. Die muss dafür sorgen, dass sich die Lage verbessert.

Wenn noch mehr Menschen in Wohnungen zu Ihren Mietpreisen ziehen, dann ist Berlin eine Stadt der Reichen.

Die 40. Folge des Podcasts Lokalrunde - das Stadtgespräch aus Hamburg und Berlin beschäftigt sich mit dem Zustandekommen und den Ergebnissen des Projekts Mietenwaatch. Die Auswertung von 80.000 Wohnungsangeboten zeigt: Berlin ist für die Mehrheit nicht mehr bezahlbar. Außerdem: Die Klimabewegung Extinction Rebellion blockiert gerade Berlin, aber sie eckt auch an: Warum provoziert sie vor allem linke Aktivisten?

Spann: Wenn wir über Mietregulierung sprechen, dann möchte ich auch mal auf andere Städte schauen, in denen es das gab. Zum Beispiel Lissabon. Was ist dort in 40 Jahren Mietpreisregulierung passiert? Die Objekte sind zerfallen. 1990 sind bis zu 20 Häuser pro Jahr einfach zusammengestürzt. Dann, als man die Regulierung gelockert hat, sind die Mieten durch die Decke geschossen. Stockholm ist der am stärksten regulierte Wohnungsmarkt in der westlichen Welt. 600.000 Menschen stehen auf einer Warteliste für eine Wohnung. Sie warten bis zu 20 Jahre auf eine Wohnung. Menschen mit Geld kaufen sich auf dem Schwarzmarkt einen Mietvertrag. Menschen mit Geld haben kein Problem, eine Wohnung in Stockholm zu finden.

Glauben Sie, dass in den nächsten fünf Jahren Häuser zusammenstürzen werden, wenn der Deckel kommt?

Spann: Die privaten Eigentümer haben keine Anreize mehr, zu modernisieren oder in die Bestände zu investieren. Wir als Akelius werden weiter die Objekte instand halten, wir werden aber nur noch ganz wenig energetische Sanierung durchführen, wir werden nicht mehr modernisieren. Das kann nicht im Sinne der Regierung sein. Ich habe Ihnen ein Foto mitgebracht, wie ein Berliner Hinterhof aussieht, vor der Sanierung und nach unserer Sanierung. Dafür konnten alle Mieter in ihren Wohnungen wohnen bleiben. So etwas werden wir nicht mehr machen. Außerdem: Es wird ein Schwarzmarkt entstehen wie in Stockholm.

Holm: Einen grauen Wohnungsmarkt gibt es doch schon jetzt. Weil sich die Neuvermietungsmieten immer weiter von den Bestandsmieten entkoppeln, versuchen viele, ihre alte Mietverträge weiterzugeben, um die Mietsteigerungen zu begrenzen. Ob sich das wirklich verschärft, wenn die Neuvermietungsmieten gedeckelt werden, ist eine sehr abstrakte Vermutung.

Und die Modernisierungen?

Wie teuer ist Berlin bei Neu- und Wiedervermietungen, wo gibt es noch bezahlbaren Wohnraum und welche Vermieter sind die größten Preistreiber? Das Projekt Mietenwatch hat fast 80.000 Wohnungsinserate für Berlin aus den vergangenen 18 Monaten ausgewertet und mit den Einkommen in der Stadt ins Verhältnis gesetzt. Gefragt wird auch nach dem möglichen Effekt des Mietendeckels. Die Ergebnisse werden am Dienstag und Mittwoch auf der Seite mietenwatch.de veröffentlicht. Medienpartner des Projektes sind die taz und die Berliner Zeitung.

Holm: Wenn der Mieten­deckel so kommt wie zuletzt angekündigt, kann die Obergrenze nur bei Modernisierungsmaßnahmen überschritten werden. Warum sollte diese Möglichkeit für eine Mietsteigerung um 1,40 Euro je Quadratmeter nicht genutzt werden?

Spann: Wir werden aufgrund dieser Diskussion in den nächsten Jahren 500 Millionen Euro weniger in Berlin investieren. Da muss man sich vorstellen, was das für Auswirkung auf die Steuereinnahmen und auf die Arbeitsplätze hat.

Holm: Gesamtwirtschaftlich stehen diesen 500 Millionen weniger Investitionen auch 500 Millionen Euro weniger Mietzahlungen gegenüber. Die gesparten Wohnkosten können für Kultur- oder Konsumgüter ausgeben werden. Das hilft vielleicht nicht der Immobilienbranche, wäre aber kein gesamtwirtschaftlicher Verlust. Man kann also nicht sagen, dass dieses Geld der Stadt verloren geht. Das Geld, das Sie investieren, soll ja anschließend von den Mieterinnen und Mietern bezahlt werden. Ihre Investition saugt ja das Geld aus deren Taschen.

Spann: Wir saugen nicht, Herr Holm! Wir geben den Menschen das, was sie möchten.

Holm: Ich nehme das zurück. Aber Investitionen werden nun einmal durch Mietzahlungen refinanziert.

Spann: Unsere Gewinne werden reinvestiert, das kommt den derzeitigen und zukünftigen Mietern zugute. Wir müssen keine Dividende ausschütten. Wir haben in den letzten 9 Jahren über 700 Millionen Euro in unsere Objekte investiert. Wir haben in den letzten zehn Jahren 100 Millionen Euro an SOS-Kinderdörfer, Unicef und Ärzte ohne Grenzen gespendet. Akelius ist der größte Einzelspender der SOS-Kinderdörfer weltweit.

Kann es auch sein, Herr Holm, dass der Mietendeckel dazu führt, dass immer mehr Leute nach Berlin wollen, weil es hier dann so günstig ist?

Spann: Das ist ein guter Punkt!

Holm: Das sieht man ja an Eberswalde und Frankfurt (Oder), wo die Mieten noch günstig sind: Günstige Mieten allein machen eine Stadt nicht attraktiv. Menschen kommen in Städte, weil es ihnen da gefällt. Dass jemand aus Paderborn sagt, es gibt einen Mietendeckel in Berlin, also lass uns da mal hinziehen, das halte ich für ausgeschlossen. Entscheidungen zum Umzug sind komplexer. Das spielen Familienverhältnisse eine Rolle, die Arbeit, Ausbildung.

Wie erklären Sie sich die hohe Zustimmung zur Forderung, Immobilienkonzerne zu enteignen?

Holm: Der eskalierende Markt mit seinen steigenden Ertragserwartungen hat viele Mieterinnen und Mieter verunsichert. Öffentliche und sozialisierte Wohnungsbestände werden als Sicherheit gesehen, weil viele hoffen, dass dort nach sozialen Vorgaben und nicht nach Gewinnmaximierung bewirtschaftet wird. Insbesondere die sichtbare Lücke zwischen sehr günstigen Bestandsmieten in alten Mietverhältnissen und den deutlich höheren Neuvermietungen verstärkt den Verdrängungsdruck. Um die lockende Neuvermietungsmiete zu erzielen, wird immer häufiger Druck ausgeübt, um Auszüge zu beschleunigen.

Spann: Das machen wir nicht! Wir haben 14.000 Wohnungen in Berlin, in denen 20.000 Menschen wohnen. Wir üben keinen Druck auf unsere Mieter aus. Kein Mieter wird bei uns verdrängt. Das würde gegen unsere Werte verstoßen.

Es gibt berlinweite Treffen von Akelius-Mietern, die sich vernetzen, weil sie Probleme mit ihrem Vermieter haben.

Spann: Ich würde mir wünschen, dass sie mit uns reden. Ich bin bereit, mich mit ihnen zu treffen und zu helfen, ihre Probleme zu lösen. Unsere Tür steht offen.

Holm: Verdrängungsangst ist keine Vermutung, sondern eine soziale Tatsache. Es gibt unzählige Berichte über angekündigte Modernisierungsmaßnahmen, fiktive Eigenbedarfskündigungen. Eine Studie der Wüstenrot-Stiftung hat kürzlich die innerstädtischen Umzüge in Berlin untersucht. Fast 25 Prozent gaben an, dass sie verdrängt wurden. Das ist die Realität.

Spann: Die Enteignungskampagne sagt, dass 500.000 Menschen nicht schlafen können, weil sie Angst haben, ihre Wohnung zu verlieren. Unsere Mieter brauchen keine Angst zu haben, ihre Wohnung zu verlieren. Fiktive Eigenbedarfskündigungen oder überzogene Modernisierungsmieterhöhung: Das sind wir nicht. So etwas gehört sich nicht und muss unterbunden werden.

Holm: Der Mietendeckel unterbindet das ja.

Spann: Der Staat könnte die Infrastruktur in den Außenbezirken verbessern, er könnte Wohngeld vergeben, höher bauen, Baugenehmigungen schneller erteilen, er könnte mehr Bauland ausweisen.

Der Staat sollte Menschen mehr Wohngeld geben, damit sie sich Akelius-Wohnungen leisten können?

Spann: Er sollte Menschen helfen, wenn sie in finanzieller Not sind, um in ihrer Wohnung zu bleiben. Der Mieten­deckel subventioniert die Besserverdienenden.

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