meinungsstark
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Mehr Schwung halt

„Grünes Doppel-Date“, taz vom 24. 9. 19

Nach der Kreditaffäre vor einigen Jahren wurde Herr Özdemir ja erst mal bei guten Bezügen in Brüssel geparkt, bis Gras über die Sache gewachsen war. Zum Glück haben Menschen ein schlechtes Gedächtnis, was korrupte Politiker angeht.

Ich habe das Interview mit Spannung gelesen, weil ich zu gerne wissen wollte, was er und seine Co denn nun besser/anders machen wollten als Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckhardt. Und was es an dem alten Duo zu kritisieren gibt. Aber erstaunlicherweise wurde die Frage von der taz gar nicht gestellt. Ansonsten wurde nichts Substanzielles gesagt und versprochen – mehr Schwung halt. Heike Jellen, Düsseldorf

Kein Sujet fürs Kino

„Er scheint etwas Existenzielles zu berühren“, Nora Fingscheidt über ihren Film „Systemsprenger“, taz vom 19. 9. 19

Noch vor dem Kinostart ist viel Lärm um den Film gemacht geworden; und der Trailer, der in keinem Kulturmagazin fehlen durfte, lädt mich nicht ein, ihn anzuschauen.

Das Medium Film verleitet natürlich immer dazu, den Voyeuristen im weiteren Sinne anzusprechen, und ich fürchte, das tut dieser Film in besonderem Maße. Die Regisseurin und Drehbuchautorin sagt, es habe eine Zeit in der Recherche gegeben, in der es tatsächlich „zu viel“ für sie wurde, sie habe überall nur noch Kindesmisshandlung gesehen, habe nicht mal mehr U-Bahn fahren können, ohne dauernd daran erinnert zu werden.

Wie muss es denn der jungen Darstellerin Helena Zengel ergangen sein, in diese Rolle einzutauchen und sich zeitweise mit der Figur der „Benni“ zu identifizieren, ob das nicht auch manchmal „zu viel“ für sie war? Helena ist elf Jahre alt! Kann eine Elfjährige genügend innere Distanz aufbringen?

Die Regisseurin sagt, manche Dinge habe sie vereinfacht, sie habe keinen sexuellen Missbrauch mit ins Buch gebracht. Das hätte auch gerade noch gefehlt. Sexueller Missbrauch mit Kindern ist mit Sicherheit kein Sujet fürs Kino. Ich habe den Verdacht, dass schon die Realisierung dieses Films hart an Kindesmissbrauch grenzt. Ulrich Varwig, Duisburg