Amtsenthebungsverfahren gegen Trump: Demokrat*innen in der Falle

Es wird nun viele Monate nicht über Trumps Politik gesprochen werden, sondern über Trump. Damit aber kann der Präsident umgehen.

Donald Trump guckt finster

Kommt er aus seiner Ecke wieder raus? Donald Trump Foto: Christian Hartmann/reuters

Es gab keine Alternative mehr. Lange – für den Geschmack vieler US-Liberaler viel zu lange – haben die US-Demokrat*innen rund um Repräsentantenhaus-Sprecherin Nancy Pelosi diesen Schritt gescheut, jetzt musste es sein. Am Dienstag gab Pelosi die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Donald Trump bekannt.

Die von einem Whistleblower offenbar glaubhaft erhobenen Vorwürfe, Trump habe Druck auf die Regierung der Ukraine ausgeübt, damit diese Korruptionsermittlungen gegen den Sohn des derzeit führenden demokratischen Präsidentschaftskandidatenanwärters Joe Biden einleite, sind zu starker Tobak, um in Wehklagen und Nichtstun zu verharren. Es ist parteiinterner Druck, aber auch staatspolitische Verantwortung, wenn das demokratisch geführte Repräsentantenhaus nunmehr aktiv wird – es ist das einzige Organ, das das kann.

Politisch aber bleibt es ein Risiko. Trump wird durch das Verfahren nicht aus dem Amt geworfen, dazu fehlt die Mehrheit im Senat. So bewirkt das Verfahren vor allem eins: Es wird viele Monate, womöglich sogar bis zum Wahltermin im November 2020, nicht über Trumps Politik gesprochen werden, sondern über Trump.

Das ist Trump gewohnt, damit kann er umgehen. Ja mehr noch: Sein rasanter Aufstieg zur Macht fußt genau darauf. Niemand versteht es besser, negative Schlagzeilen in große Wählerbegeisterung umzusetzen, als er.

Dazu kommt: Zwar drängen große Teile der linksliberalen Basis der Demokrat*innen schon lange auf ein Amtsenthebungsverfahren. Aber die Ukraine-Affäre interessiert in Wirklichkeit niemanden, ähnlich wie die russischen Verwicklungen, die zu den Mueller-Ermittlungen führten. Zwar sind die Vorwürfe diesmal leichter verständlich. Aber niemand steht mit zitternder Stimme da und überlegt, aus den USA auszuwandern, weil Trump die ukrainische Regierung für seinen Wahlkampf missbrauchen wollte.

Anders ist es bei Trumps Migrations-, Klima-, Waffen-, Militär-, Frauen- und Bildungspolitik, bei seinem Hofieren von Rechtsextremen und Rassisten, seinen diskriminierenden Tweets, seinen aberwitzigen Handelskriegen. All das ist Politik, die Menschen wirklich aufregt – die in einem Amtsenthebungsverfahren aber nicht vorkommt.

Die Demokrat*innen konnten nun nicht mehr anders. Aber sie brauchen eine sehr schlaue Strategie, um die politische Empörung über Trump nicht in Ausschussdebatten über die Interpretation irgendwelcher Telefonmitschnitte verpuffen zu lassen. Gelingt das nicht, bleibt Trump Präsident bis 2024.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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