Vuelta in Spanien: Slowenier-Rundfahrt

Primož Roglič und Tadej Pogačar werden Erster und Dritter der Vuelta. Nur Weltmeister Alejandro Valverde kann sich zwischen die Zentraleuropäer drängeln.

ein Radfahrer beim Zielsprint

Auf dem Weg zum Vuelta-Sieg: Primož Roglič Foto: dpa

MADRID taz | Mit einem kleinen Lächeln überquerte Primož Roglič das Ziel auf der Plataforma de Gredos im Nationalpark der gleichnamigen Sierra westlich von Madrid. Nur als Tagesfünfter kam er dort an, fast zwei Minuten hinter Tadej Pogačar. Sein erst 20-jähriger Landsmann rückte dank seines bereits dritten Etappensiegs bei der Vuelta auf Gesamtrang zwei vor. Vermutlich freute sich Roglič auch darüber. „Wir sind Freunde“, sagte er über sein Verhältnis zu Pogačar. „Wir sind gute Freunde und auch gute Rivalen auf dem Rad“, präzisierte Pogačar. Die Rivalität interpretierte der junge Slowene noch nicht so, dass er den älteren Landsmann angriff.

Seine munteren Attacken halfen indirekt Roglič sogar. Das war auch das Szenario bei der allerletzten Berg­etappe dieser Vuelta. Etwa vier Kilometer vor dem letzten schweren Gipfel der Rundfahrt griff Pogačar an. „Ich sah, dass die anderen schon recht müde waren von den vorherigen Attacken von Miguel Angel Lopez. Also bin ich dann angetreten“, schilderte er die Situation später.

Es war der Auftakt zu einem famosen Soloritt über 38 Kilometer. Schnell hatte er den Rückstand im Gesamtklassement auf den Viertplatzierten Lopez aufgeholt und dem Astana-Profi auch das weiße Trikot des besten Jungprofis entrissen.

Noch vor dem Gipfel des Puerto de Peña Negra holte er die letzten versprengten Ausreißer des Tages ein und war auch schon so weit weg von den Favoriten, dass er Nairo Quintana vom dritten Platz des Klassements verdrängt hatte. Er ließ er sich auch nicht mehr einholen, als Movistar endlich die Nachführarbeit organisiert hatte und mit zwei Helfern sowie dem Kapitänsduo Quintana und Valverde hinter ihm Dampf machte. Der 20 Jahre junge Grand-Tour-Debütant hielt den vereinten Kräften der gestandenen Profis stand.

In deren Windschatten – und weit hinter Pogačar – hatte Roglič viel Grund zum Lächeln. Es war auch ein Lächeln der Erleichterung. Denn auf dieser letzten Bergetappe war er ungewöhnlich früh isoliert. Während Astana-Mann Lopez und die Movistar-Kapitäne Nairo Quintana und Alejandro Valverde bis fast zum Ende noch auf Helfer bauen konnten und selbst Bora-hansgrohe-Fahrer Rafal Majka noch einen der Seinen zur Seite hatte, war Roglič auf sich allein gestellt. Die Attacke von Pogačar half ihm aber perfekt.

Roglič überließ Pogačar den Etappensieg

Sie ging nicht nur mitten in die nur noch müde schlagenden Herzen der Rivalen. Sie führte auch dazu, dass sich Astana und Movistar um die Nachführarbeit kümmern mussten. Roglič hingegen konnte Kraft sparen und kontrolliert das Rennen nach Hause fahren. Weder das rote Trijkot noch das grüne Punktetrikot waren ihm zu nehmen.

Die beiden Slowenen harmonierten prächtig. Auf der 13. Etappe waren sie gemeinsam der Konkurrenz enteilt. Roglič machte da schon den Punkt aufs i und baute seinen Vorsprung gegenüber Valverde auf mehr als zwei Minuten und gegenüber Lopez und Quintana auf mehr als drei Minuten aus. Landsmann Pogačar überließ er gnädig den Etappensieg; der hatte auch mehr Führungsarbeit geleistet.

Vielleicht kann Ex-Skispringer Roglič sogar froh sein, den letzten Rundfahrtsieg errungen zu haben, den Pogačar zuließ

Abgesprochen war das alles nicht unbedingt. Es konvergierten lediglich die Interessen. Pogačars Attacken waren noch nicht gefährlich für Roglič. Sie zwangen dessen Rivalen aber dazu, die Nachführarbeit zu übernehmen. Es passte perfekt. Und wer weiß, vielleicht kann der Ex-Skispringer sogar froh sein, den letzten Rundfahrtsieg errungen zu haben, den Pogačar zuließ.

Der bricht aktuell nämlich alle Jungspund-Rekorde. Im Mai holte er schon die Kalifornienrundfahrt, mit nur 20 Jahren. Der Sieger im Jahr zuvor hieß Egan Bernal, damals 21. Bernal fuhr bei seiner ersten Grand Tour auf Platz 15 – allerdings in der Helferrolle für seine schwächer wirkenden Kapitäne Chris Froome und Geraint Thomas. Seine zweite Grand Tour gewann er im Juli. Pogačar kam bei seiner ersten Grand Tour hingegen gleich auf Platz drei. Wann wird er seine erste große Rundfahrt gewinnen? „Es wird nicht mehr lange dauern“, meinte UAE-Teamkollege Valerio Conti fröhlich zur taz.

Der Konkurrenz bleibt bei einer solchen Entwicklung und einem derartigen Potential nur das Staunen. „Ich freue mich, dass ich schon bei der Algarve-Rundfahrt dabei war und dort den ersten großen Sieg dieses jungen Talents erleben durfte. Es ist immer schön, wenn ein neuer Stern aufgeht“, sagte Bora-hansgrohes sportlicher Leiter, Christian Pömer. An der Algarve hatte Pogačar an seinem erst neunten Renntag unter den Profis bereits den ersten Sieg errungen und wenig später auch das Gesamtklassement klargemacht. Bernal holte „erst“ nach zwölf Renntagen bei Team Sky seinen ersten Sieg – den Gesamterfolg bei der Kolumbienrundfahrt.

Primož Roglič hat nun die diesjährige Spanienrundfahrt gewonnen. Vielleicht fiel sein Lächeln deshalb so verhalten aus, weil er weiß, was das für die Zukunft bedeutet.

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