Kitas für die Nacht

Rot-Grün-Rot will Alleinerziehende unterstützen – mit einer Mischung aus Appellen an die Wirtschaft, mehr Beratung und unkonventionellen Betreuungsmodellen

Joanne K. Rowling hat bewiesen, dass es geht. Aber: Dass Alleinerziehende erfolgreich im Beruf sind, darf kein herausragender Einzelfall bleiben. Foto: Adrian Denis/dpa

Von Lotta Drügemöller

Kein Job, keine Betreuung, wenig Chancen – zwei Drittel der über 14.000 Alleinerziehenden im Land Bremen sind auf staatliche Unterstützung angewiesen. Die Bürgerschaft hat nun einen „Aktionsplan Alleinerziehende“ verabschiedet. Wirtschafts-, Sozial- und Bildungsressort sollen zusammenarbeiten, um an den drei Stellschrauben Arbeitsmarkt, Kinderbetreuung und Bürokratieabbau zu drehen.

„Wenn Arbeitgeber hören, dass die Bewerberin alleinerziehend ist, ist das Vorstellungsgespräch meist vorbei“, weiß Sabine Fuenzalida Padilla aus ihrer Beratungsarbeit im Haus der Familie Hemelingen. Dabei seien Alleinerziehende ungleich motivierter und strukturierter. Eine „Charmeoffensive“ will das Land deshalb der Wirtschaft gegenüber starten. „Wir wollen die Kompetenzen von Alleinerziehenden betonen, ihre Belastbarkeit“, sagt Henrike Müller, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen.

Und was passiert, wenn diese Appelle an die Wirtschaft nicht fruchten? Über Sanktionen spreche man nicht, sagt Kai Stührenberg, Sprecher der Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt auf Nachfrage. Schließlich hätten die Unternehmen selbst das Interesse, „das Fachkräftepotential zu erschließen“.

Mit „Fachkräften“ ist es so eine Sache: Rund 70 Prozent der arbeitslosen Alleinerziehenden in Bremen haben keinen Berufsabschluss. Die Herausforderung liegt nicht nur darin, einen Job zu finden, sondern auch einen, von dem eine Familie leben kann. Ein Teil des Programms setzt deshalb darauf, Ausbildungen in Teilzeit anzubieten. Im öffentlichen Dienst kann das Land diesen Plan, in Absprache mit Berufsschulen, selbst umsetzen; darüber hinaus ist man auch hier auf den guten Willen von Unternehmen angewiesen.

Das Problem, dass ein Kind betreut werden muss, ist mit „Motivation“ und „Belastbarkeit“ nicht aus der Welt geschafft. Hilfreicher als die Charmeoffensive dürfte daher die Ausweitung der Kinderbetreuung sein. Für die will Bremen unkonventionelle Wege gehen: Geprüft werden soll, ob Jobcenter eigene Übergangskitas einrichten können. Wenn Alleinerziehende Arbeit finden, könnten sie ihre Kinder dort vorerst unterbringen.

Über Sanktionen für die Wirtschaft spricht man in der Landesregierung nicht

In jedem Stadtteil soll mindestens eine Kita ausgeweitete Öffnungszeiten anbieten. Als Modell plant Rot-Grün-Rot die Einrichtung einer 24-Stunden-Kita. „80 bis 90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen“, sagt Sophia Leonidakis, sozialpolitische Sprecherin der Linken, „die arbeiten oft in Jobs mit irregulären Arbeitszeiten, etwa in der Pflege oder im Einzelhandel.“

Zusätzlich soll es flexible Betreuung geben, abseits der Kitas. Das Vorbild dafür kommt aus Hemelingen: Bei MoKi, der Mobilen Kinderbetreuung, kümmern sich MitarbeiterInnen um die Zeit vor Kitaöffnung oder nach Schulschluss, auch ohne lange Anmeldefristen. Früher wurden Kinder nachts auch zu Hause betreut – für Bremen könnte so eine Form des institutionalisierten Babysittings Modell stehen. In den Stadtteilen gibt es schon eine ganze Reihe von Projekten für Alleinerziehende, die Landesregierung holt sich hier ihre Anregungen. Zudem sollen bestehende Angebote besser abgestimmt werden.

Trotz Kitaausbau kann Bremen schon jetzt den Anspruch auf einen Kitaplatz nicht für alle Kinder erfüllen. Mehr Personal muss her, ErzieherInnen sollen mit mehr Geld gelockt werden. Gegen andere Begehrlichkeiten muss sich der Aktionsplan in den Haushaltsverhandlungen noch durchsetzen.