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: „Hannibal“ wegen Granaten und Patronen vor Gericht

André S. soll 120 Tagessätze Geldstrafe bezahlen. Es geht um Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz. Der Ex-KSK-Soldat war Kopf eines Prepper-Netzwerks

Das Neue

Der ehemalige Soldat des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr André S. soll eine Geldstrafe bezahlen, weil er gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz verstoßen haben soll. Das Amtsgericht Böblingen hat nach taz-Informationen gegen den 34-Jährigen einen Strafbefehl über 120 Tagessätze verhängt. Da André S. diesen nicht akzeptierte, wird es zu einem Prozess kommen. Bei Hausdurchsuchungen im Jahr 2017 stellten Ermittler zwei Hand voll ­Patronen, Nebel- und Signalgranaten sowie eine Kiste, in der sich Zünder von Handgranaten befanden, bei ihm sicher. Es gehe um den „vorsätzlichen unerlaubten Besitz von Munition in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen in zwei tateinheitlichen Fällen“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Die Gegenstände seien in zwei Privathäusern gefunden worden, nicht in der KSK-Kaserne in Calw.

Der Kontext

André S. ist auch unter dem Namen „Hannibal“ bekannt. Er hat einen Verein für ehemalige Spezialkräfte gegründet, aber auch Chatgruppen in ganz Deutschland ins Leben gerufen, deren Mitglieder sich auf einen „Tag X“ vorbereiteten – sogenannte Prepper. Sie hatten sich auf Katastrophen eingestellt, Stromausfälle beispielsweise. Aber auch auf den Zuzug von Flüchtlingen. Gegen mehrere dieser Männer, die sich in Chats und bei persönlichen Treffen austauschten, laufen Ermittlungen.

Unter anderem wirft der Generalbundesanwalt zwei Mitgliedern der „Nordkreuz“-Gruppe aus Mecklenburg-Vorpommern vor, Feindeslisten angelegt und die Tötung politischer Gegner geplant zu haben. Der „Nordkreuz“-Administrator wurde vergangene Woche angeklagt, weil er knapp 60.000 Schuss Munition gehortet haben soll. Auch der Bundeswehrsoldat Franco A., der laut Generalbundesanwalt als Syrer getarnt Terroranschläge plante, war Mitglied einer der Gruppen – im Süden.

Die Reaktionen

Interessant ist, wie sich André S.’ Verein Uniter zu der Sache verhält. Auf seiner Webseite schreibt Uniter e. V., es gebe „keine laufenden Ermittlungen oder Strafverfahren gegen den Verein selbst oder gegen Mitglieder des Uniter e. V.“

Die taz hatte große Überschneidungen zwischen den Prepper-Gruppen und dem Verein aufgezeigt und aufgedeckt, dass der Verein militärtaktische Trainings für Zivilisten durchführte. Auch den Sicherheitskräften des philippinischen Autokraten Rodrigo Duterte hat Uniter seine Dienste angeboten.

Die Konsequenz

Da André S. Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat, kommt es zu einem Hauptverfahren, und die Sache wird vor Gericht verhandelt. Im Falle einer Verurteilung dürfte er wegen fehlender „Zuverlässigkeit“ über keinen Waffenschein und keine Waffenbesitzkarte verfügen und kein Sicherheitsgewerbe anmelden (siehe dazu auch Seite 7). Auch auf sein Disziplinarverfahren bei der Bundeswehr dürfte sich die Verurteilung auswirken.

Sebastian Erb, Christina Schmidt

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