Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: BND wird transparenter

Ein Erfolg für die Pressefreiheit: Journalisten haben Anspruch auf Infos über BND-Hintergrundgespräche mit Pressevertretern.

Jost Müller-Neuhof (l) als Kläger im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig

Jost Müller-Neuhof (l.) als Kläger im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Foto: dpa

LEIPZIG taz | Der Bundesnachrichtendienst (BND) muss Auskunft über seine Hintergrundgespräche mit Journalisten geben. Das entschied am Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das Urteil stärkt Auskunftsansprüche der Presse gegenüber Bundesbehörden. Geklagt hatte Jost Müller-Neuhof, der rechtspolitische Korrespondent des Berliner Tagesspiegels.

Er wollte wissen, zu welchen Themen der deutsche Auslandsgeheimdienst vertrauliche „Hintergrundgespräche“ mit Journalisten veranstaltet, welche Medienvertreter dazu eingeladen sind und ob BND-Präsident Bruno Kahl daran teilnahm. Müller-Neuhof will damit die „selektive Informationsverbreitung“ des BND transparenter machen.

Der BND weigerte sich zuerst, über seine vertrauliche Pressearbeit Auskunft zu geben. In der gerichtlichen Verhandlung vorige Woche teilte der Geheimdienst mit, dass jeweils rund 30 Journalisten zu solchen Treffen eingeladen werden und dass von Anfang 2016 bis zur Klage im Frühjahr 2017 vier derartige Runden stattfanden. Offen blieb, über welche Themen der BND informierte und welche Medien er einlud.

Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts gaben Kläger Müller-Neuhof nun in fast allen Punkten recht und wiesen die Argumente des BND, warum er nicht Auskunft geben müsse, zurück. Der Informationsanspruch Müller-Neuhofs folge direkt aus der Pressefreiheit.

Keine Gefährdung

Der BND könne zwar die Auskunft verweigern, um seine operativen Aktionen und seine Quellen zu schützen, so der Vorsitzende Richter Ingo Kraft. Die Information über Gespräche mit Journalisten falle aber nicht darunter, sie gebe keine neuen Erkenntnisse über die Arbeitsweisen des BND. „Dass der BND solche Gespräche durchführt, ist allgemein bekannt“, sagte Kraft. Wenn nun zusätzlich mitgeteilt wird, welche Journalisten eingeladen waren und welche „allgemeinen Themen“ besprochen wurden, gefährde das nicht die Aufgaben des BND.

Der Informationsanspruch der Journalisten folge direkt aus der Pressefreiheit

Da dieser selbst Journalisten einlade, um über seine Arbeit zu informieren, treffe ihn eine „erhöhte Darlegungslast“, warum Informationen über diese Treffen seine Arbeit gefährden könnten, so das Gericht. Der BND habe in dieser Frage auch keinen „Beurteilungsspielraum“. Vielmehr sei eine Auskunftsverweigerung gerichtlich nachprüfbar. Der BND hatte sich zudem auf eine generelle „Bereichsausnahme“ für „Nachrichtendienste“ berufen, wie im Informationsfreiheitsgesetz vorgesehen. Das ließ das Gericht nicht gelten.

Journalisten hätten mehr und andere Rechte als sonstige Bürger. Bei Presseanfragen müsse stets abgewogen werden. Auch die Rechte der Journalisten stehen einer Auskunftserteilung laut Gericht nicht entgegen. Der Auskunftsanspruch der fragenden Presse überwiege hier die „informationelle Selbstbestimmung“ der geladenen Medienvertreter. Der BND durfte auch nicht einwenden, dass Müller-Neuhof seine Kollegen, die eingeladenenen Tagesspiegel-Journalisten Frank Jansen und Maria Fiegler, fragen könne. „Der Auskunftsanspruch des Journalisten ist ein Individualanspruch“, betonte Richter Kreft. Er stehe den einzelnen Journalisten zu, nicht dem Medium.

Müller-Neuhof freute sich über das Urteil. „Ich hoffe, dass jetzt auch andere Bundesbehörden und Ministerien Auskunft über ihre Hintergrundgespräche geben.“ Nach seiner Erfahrung seien die Informationen „zu 99,5 Prozent“ nicht geheimhaltungsbedürftig. In einem anderen Verfahren hat Müller-Neuhof Bundeskanzlerin Angela Merkel verklagt. Er wollte wissen, welche Journalisten an vertraulichen Runden mit der Kanzlerin teilnehmen und was ihnen Merkel erzählt. In der ersten Instanz entschied 2016 das Verwaltungsgericht Berlin im Eilverfahren, dass Müller-Neuhof einen Anspruch auf solche Auskünfte habe.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin hob den Beschluss auf. Es sei nicht eilbedürftig. Das Hauptsacheverfahren am Verwaltungsgericht Berlin soll im Frühjahr 2020 stattfinden.

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