Kandidatur um SPD-Parteivorsitz: Duo mit Potenzial

Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken haben gute Chancen, neue Parteichefs der Sozialdemokraten zu werden.

Mann und Frau mit Brillen lächeln

Norbert Walter Borjans und Saskia Esken in Berlin Foto: dpa

BERLIN taz | „Standhaft Sozial Demokratisch“ heißt das Kampagnenmotto von Norbert Walter-Borjans (66) und Saskia Esken (58). Beide sind vielleicht das, was im Englischen „Dark Horse“ genannt wird: Der frühere NRW-Finanzminister und die Digitalexpertin könnten im Rennen um den SPD-Vorsitz ganz vorne landen, obwohl sie nur wenige auf dem Zettel haben.

Am Dienstag stellten sich beide den Medien vor, einen Tag bevor am Mittwoch die 23 Regionalkonferenzen der SPD mit einem Termin in Saarbrücken beginnen. Andere der 17 Kandidaten, das legt ihr Motto nahe, seien nicht ganz so standhaft wie sie selbst. Andere haben auch eine andere Paarfindungsgeschichte. Olaf Scholz etwa kündigte seine Kandidatur an – und musste sich noch eine Frau als Ko-Kandidatin suchen. Am Ende fand er die Brandenburgerin Klara Geywitz.

Esken und Walter-Borjans verbreiten nun die umgekehrte Geschichte: „Ich habe Norbert Walter-Borjans gefragt, ob er nicht mit mir kandidieren möchte“, sagte Esken. Nach einiger Überzeugungsarbeit habe er zugestimmt. „Viele haben mich ermuntert, die der SPD nahestehen, und viele, die gesagt haben, dass sie der SPD gern wieder näherstehen würden“, sagte Walter-Borjans.

Der frühere Finanzminister hat sich mit dem Ankauf der Daten von Steuerstraftätern in der Schweiz trotz erheblicher Lobbywiderstände einen Namen gemacht. Er war auch in der Arbeitsgruppe, die das SPD-Konzept für die neue Vermögensteuer vorlegte. Walter-Borjans steht sowohl für eine Abkehr von der Politik der „Schwarzen Null“ als auch für eine stärke Besteuerung von Wohlhabenden.

Unterstützung von Kevin Kühnert

„Ich bin in meiner Zeit als Sprecher von Ministerpräsident Johannes Rau geprägt worden“, sagte Walter-Borjans. „Rau hat gesagt: Die SPD muss für diejenigen da sein, die Solidarität brauchen, aber auch für diejenigen, die zu geben bereit sind.“ Die Große Koalition sei nicht der „Normalfall der Demokratie“. Walter-Borjans glaubt, dass es mit Rot-Rot-Grün größere Spielräume in der Verteilungspolitik gibt.

Zu Grünen und Linken sieht er aber auch Unterschiede: Die Grünen seien bei der Besteuerung der Wohlhabenderen zurückhaltend. „Bei den Linken muss man aussprechen, dass wir eine dynamische Wirtschaft haben“, so Walter-Borjans, der betonte, dass er auch mit Wirtschaftsvertretern immer wieder im Gespräch sei. Er war vor seiner Zeit als Finanzminister (2010–17) auch als Staatssekretär im Saarland und Wirtschaftsdezernent und Stadtkämmerer in Köln tätig.

Walter-Borjans könnte als Integrationskandidat Stimmen aus allen Flügeln auf sich ziehen. Hinzu kommt Unterstützung von Juso-Seite: Kevin Kühnert hatte bereits in der vergangenen Woche seine Sympathie für die Kandidatur von Walter-Borjans und Esken bekundet.

Saskia Esken, Kandidatin für den SPD-Vorsitz

„Nicht nur Bildungschancen werden mit dem Geldbeutel der Eltern verteilt, sondern auch Digitalchancen“

Spannend bleibt, wie sich Walter-Borjans zu Themen außerhalb der Finanz- und Wirtschaftspolitik positioniert. Am Dienstag ging er auch knapp auf Klimapolitik ein, zu deren Finanzierung man höhere Vermögen stärker heranziehen müsse, und Migration ein. Deutschland müsse ein Land sein, „in dem man ohne Angst verschieden sein kann“, zitierte er nochmals Johannes Rau.

Esken konzentrierte sich in ihrer Vorstellung vor allem auf ihr Fachgebiet Digitales – und auf ein Lob ihres Ko-Kandidaten. „Nicht nur Bildungschancen werden mit dem Geldbeutel der Eltern verteilt, sondern auch Digitalchancen“, sagte sie. Wenn sich das Bildungssystem nicht ändere, bekäme Deutschland „eine digitale Schere“. Walter-Borjans stehe wie kein anderer dafür, SPD-Werte glaubhaft zu vertreten, „auch wenn der Wind stärker bläst“.

Esken sitzt seit 2013 im Bundestag und ist Vorsitzende der SPD in Calw.

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