meinungsstark
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Die trügerische Idylle der Schäfer

„Landschaftsschutz: Demo mit 200 Schafen“, taz vom 16. 9. 19

Tradition rechtfertigt kein Tierleid: Wenn Schafe freiwillig demonstrieren würden, würden sie gegen ihren Schäfer protestieren. Bei ihrem Marsch durch Berlin haben die Schäfer einige wichtige Fakten vergessen. Schafe sind sensible Fluchttiere, die leicht unter Stress geraten und in einer überfüllten, lauten Stadt mit vielen Menschen nichts verloren haben. Zudem handelt es sich bei vielen Schafrassen um eine Qualzucht, die ihr Fleisch und ihre Wolle nicht freiwillig hergeben. Die trügerische Idylle grüner Weiden überdeckt oftmals die Schattenseiten der Schäferei. Viele Konsumenten wissen nicht, dass Schafe nur deshalb geschoren werden müssen, weil bei ihnen der natürliche Fellwechsel durch gezielte Zucht nicht mehr funktioniert. Im Sommer leiden vor allem „Wollschafe“ enorm unter ihrer dichten Felllast und nach der Schur sind sie oftmals anfällig für Lungenerkrankungen oder können bei Kälteeinbrüchen sogar erfrieren. Das Scheren bedeutet größten Stress. Viele Tiere wehren sich heftig gegen die Prozedur, wodurch ihnen oftmals blutige Schnittwunden zugefügt werden. Auch die Vernachlässigung ganzer Herden ist in Deutschland keine Seltenheit, einige von ihnen verdursten qualvoll. Wenn die Tiere für den Schäfer keinen Nutzen mehr erfüllen, erwartet sie ein qualvoller Transport zum Schlachthof. Bis zu 100.000 der Tiere sind bei vollem Bewusstsein, während sie ausbluten, da die Betäubung per Elektroschock häufig fehlschlägt. Viele Schäfer versuchen sich als Retter der Artenvielfalt darzustellen, um krampfhaft einen Beruf am Leben zu erhalten, in dem Tiere für Wolle, Fleisch oder als Rasenmäher missbraucht werden. Dabei wären ein ökologischer Wandel der Landwirtschaft hin zum bio-veganem Anbau, die Wiederherstellung und Förderung urwaldartiger Wälder und die Einrichtung jagdfreier Gebiete eine sinnvollere und tierfreundliche Lösung, um dem Artenschwund entgegenzutreten. Johanna Fuoß, Stuttgart

Grönemeyer zeigt Zivilcourage

„Grönemeyer sorgt für Shitstorm: Kein Millimeter nach rechts“, taz vom 15. 9. 19

Da erhebt einer unserer erfolgreichsten Künstler endlich einmal die Stimme gegen rechts und gleich bricht ein sogenannter Shitstorm gegen ihn los. Dass die AfD dagegen wettert, ist verständlich, doch alle anderen Kritiker, die sich nun gegen die Form und die Lautstärke seines verbalen Statements von der Bühne herunter mokieren, sollten sich fragen lassen, warum sie nicht selber den Mut aufbrachten, sich entsprechend zu positionieren. Wir brauchen noch mehr solche Menschen mit Zivilcourage, die wie Grönemeyer aufstehen, sich auch mal lautstark zu Wort melden und unsere Demokratie verteidigen! Thomas Henschke, Berlin

Diese Gesundheitspolitik versagt

betr.: Terminservicegesetz

Liebe taz, wie sehen eigentlich Patienten die Maßnahmen unseres Gesundheitsministers Spahn zur Verbesserung der Terminvergabe? Dass Ärzte endlich mal mehr als 20 Stunden Sprechstunde pro Woche machen? Ich kenne keinen niedergelassenen Arztkollegen, der nur 20 Stunden Sprechzeiten hat mit einer vollen Kassenzulassung. Dass es jetzt offene Sprechstunden gibt, fünf Stunden pro Woche und Arzt – „extrabudgetär“ bezahlt? Das bedeutet, dass wir jetzt tatsächlich das Geld, was wir da verdient haben, auch ausgezahlt bekommen – aber natürlich nicht alles. Wir machen das übrigens schon seit 1996! Dann gibt es jetzt auch Terminservicestellen, ich möchte nicht wissen, was die uns kosten! Von Kollegen höre ich, dass sie ihre Kassenzulassung zurückgeben wollen, weil es ihnen stinkt, dass ihnen von allen Seiten in ihre Selbständigkeit reingeredet wird, und weil man einen immer größeren Teil der Arbeitszeit mit Bürokram zubringt. Vom Beginn eines Studiums bis zum fertigen Facharzt dauert es mindestens zehn bis zwölf Jahre. In Rheinland-Pfalz gehen in den nächsten vier Jahren über 50 Prozent der Allgemeinmediziner und Gynäkologen in Rente! Wer soll die ersetzen?

Christa Gengenbach, Mühltal