Rentenreform in Frankreich: Kein Rasenmäherprizip

Das Rentensystem in Frankreich ist veraltet und wird reformiert. Angestellte mit harten Arbeitsbedingungen sollen davon profitieren.

Eine Gruppe von Senioren steht im Kreis in der Sonne wir sehen ihre Rücken

Was für eine Reform würde sich diese Gruppe von Senioren wünschen? Foto: dpa

Die Arbeit eines Zugführers, ist sie härter als die eines Bäckers? Das ist die Frage, die hinter der geplanten Rentenreform in Frankreich steht. Emmanuel Macron möchte die 42 Sonderregelungen abschaffen, die für zahlreiche Berufsgruppen im öffentlichen Dienst gelten. Es gibt eigene Rentensysteme für die Beschäftigten bei der Bahn, der Zentralbank, dem staatlichen Stromkonzern EdF oder der Armee.

Diese Spezialsysteme stammen teilweise noch aus grauer Vorzeit, doch die Vorteile, die sie mit sich bringen, sind gewaltig. So dürfen die Eisenbahner in Frankreich bereits mit Anfang 50 in Rente gehen, während das Rentenalter sonst bei 62 Jahren liegt.

Sicher ist den Zugführern das zu gönnen. Aber die Sonderregelungen machen das derzeitige Rentensystem zutiefst ungerecht. Denn andere Berufsgruppen mit ähnlich unregelmäßigen Arbeitszeiten profitieren nicht von den Spe­zialsystemen. Hotelangestellte beispielsweise. Oder Bäcker.

Es ist also Zeit, dass sich das ändert. Und zwar nicht, in dem alle Privilegien nach dem Rasenmäherprinzip abgeschafft werden. Sondern indem die Regelungen für Angestellte mit besonders harten Arbeitsbedingungen tatsächlich universell werden.

Ein Streik hat große Teile des Pariser Metroverkehrs lahmgelegt. Beschäftigte der Nahverkehrsbetriebe protestierten damit am Freitag gegen Rentenreformpläne der französischen Regierung. Zehn der 16 U-Bahn-Linien standen nach Angaben des Betreibers RATP komplett still. Auf vier weiteren Linien fuhren nur zu den Hauptverkehrszeiten Züge, zudem blieben einige Stationen geschlossen. Normaler Verkehr war nur bei zwei automatischen Linien angekündigt, die ohne Fahrer auskommen. Auch bei Bussen und bestimmten Vorortzügen kam es zu deutlichen Einschränkungen.

Ob der wirtschaftsliberale Macron das auch tatsächlich meint, wenn er von einem neuen, universellen Rentensystem spricht, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Der Widerstand gegen seine Pläne formiert sich bereits. Am Freitag streiken die Beschäftigten der Pariser Verkehrsbetriebe, die von ähnlichen Sonderregelungen profitieren wie die Eisenbahner. Ihnen geht es vor allem um Besitzstandswahrung. Macron hat nach der Erfahrung mit den Gelbwesten kein Interesse an Streiks und neuen Protesten. Deshalb versucht er, die Gewerkschaften, die bisher jede Rentenreform torpedierten, eng in sein Projekt einzubinden.

Die Arbeitnehmervertreter sollten die ausgestreckte Hand nicht ausschlagen. Denn sie könnten dafür sorgen, dass wichtige soziale Standards nicht nur für einige wenige gelten, sondern für alle.

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