Grüner Ministerpräsident tritt erneut an: Kretsch me if you can

Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann will bei der Landtagswahl wieder kandidieren. Doch der Grünen-Star muss aufpassen.

Winfried Kretschmann

Never change a winning team: Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Foto: dpa

Um Ministerpräsident Winfried Kretschmann wird eh eine Menge gülden schimmerndes Gewese veranstaltet. Jetzt hat er erklärt, bei der Landtagswahl 2021 zum dritten Mal antreten zu wollen. Und schon wird ausgerechnet, dass ein neuer Rekord winkt: Nach Vollendung seiner dritten Amtszeit überträfe er sogar den CDU-Vorgänger Erwin Teufel an Regierungsjahren. 2026 wäre das. Dass der Mann erst einmal gewinnen muss, wird gern vergessen. Als folgte auf Winfried I. und Winfried II. ganz logisch Winfried III.

In Wahrheit bleibt Kretschmann und den Grünen nichts anderes übrig. Es gibt niemand mit ähnlichen Chancen. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer fängt sich Kleinskandale aus dem Hochschulwesen ein wie grippale Infekte. Oberbürgermeister Dieter Salomon wurde in Freiburg abgewählt. Und wenn jemand davon geträumt hat, dass Cem Özdemir einmal ins Stuttgarter Staatsministerium einzieht, dann ist es Özdemir selbst. Kretschmanns abermalige Kandidatur zeigt: Mit Optionen für ganz oben sieht es ausgerechnet im erfolgreichsten Landesverband der Grünen mau aus.

Dass der Ministerpräsident weitermachen will, ist aber auch abgesehen davon nicht dumm. „Never change a winning team“, hat der englische Fußballtrainer Alf Ramsey gesagt. Dass Kretschmann die Regel befolgt, hilft auch den Grünen bundesweit. Es sollte ihnen zu denken geben. Denn dass es zurzeit gut läuft, liegt auch daran, dass die drei Kraftzentren in Balance sind: Die Doppelspitzen der Partei, die zwei Vorsitzenden der Bundestagsfraktion und der Ministerpräsident. Jahrelang haben sie sich immer wieder durcheinandergebracht: Partei- gegen Fraktionsspitze, Linke gegen Realos, Berlin gegen Stuttgart und so weiter.

Alte Mickrigkeit

Heute lässt Kretschmann Robert Habeck und Annalena Baerbock machen. Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter an der Spitze der Fraktion treten nicht in Konkurrenz zu den dominierenden Parteivorsitzenden, sie wissen, dass sie ihre Chance gehabt haben. Cem Özdemir hat das nicht verstanden. Seit er mit der Bremer Linken Kirsten Kappert-Gonther für den Frak­tionsvorsitz kandidiert, ist die Flügelrechnerei wieder losgegangen. Wollen die Grünen zur alten Mickrigkeit zurück?

In Baden-Württemberg ist keineswegs klar, dass Kretschmann noch mal gewinnt. Für die CDU tritt die Kultusministerin Susanne Eisenmann an. Darüber, wie man einen beliebten Ministerpräsidenten wegmobbt, könnte sie ein Lehrbuch schreiben. Als Vertraute von Günther Oettinger führte sie den Zermürbungskrieg gegen Erwin Teufel. Am Ende könnte sie mit SPD und FDP eine Mehrheit basteln. Der Grünen-Star muss aufpassen. Kretsch me if you can.

Es ist eine gute Nachricht, dass Kretschmann bleiben will. Er sichert das Land gegen einen konservativen Rollback – und ist dabei selbst ein liberaler Konservativer. Für viele Linke ist das schwer zu denken. Für Baden-Württemberger, die unangefochten leben und trotzdem in die Zukunft mitkommen möchten, ist das keine schlechte Aussicht.

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