berliner szenen
: Ich will, dass das aufhört

Nach einer Haushaltsauflösung habe ich plötzlich viel zu viele Sachen. Ich kann das nicht alles behalten und auch nicht verschenken. Und damit werde ich sozusagen über Nacht Online-Power-Seller. Das macht Arbeit. Sehr bald weiß ich: je jünger die Käufer, desto komplizierter das Prozedere. Wo ältere Menschen einfach einen Termin vereinbaren, braucht die Generation Smartphone dazu sehr viel Kommunikation. Ein Beispiel? Gerne. Für 25 Euro habe ich einen Tisch im Angebot. Es fängt harmlos an, mit einem Pling im Postfach: „Hallo, würde ihn für 15 Euro sofort nehmen!“ Na gerne. „Wann willst du ihn abholen?“ Pling: „Samstagnachmittag?“ Ja, das geht. Ich hab zwar andere Pläne, aber kann mich arrangieren. Pling: „Oh das wäre sehr lieb! Das wäre gegen 6 Uhr.“ Ist ja nicht mehr wirklich Nachmittag, aber passt. Pling: „Ich würde Ihnen morgen noch mal ­schreiben!“ Das verheißt nichts Gutes. Und richtig! Pling: „Ginge auch zwischen 19 u 20 Uhr? Bin mega im Stress, sorry.“ Mit jungen Menschen muss man Geduld haben. Ich antworte kurz: „Wir sind bis Mitternacht wach.“ Keine Nachricht ohne Rückmeldung, Pling: „Also wäre es auch kein Problem, wenn ich ein bisschen später kommen würde? Dann hätte ich nicht so den Stress.“ Wer hatte diesen Termin noch mal vorgeschlagen?

Samstagabend, gegen halb zehn, hab ich das abgehakt mit dem Tisch, aber – Pling: „wäre so in einer halben h da, passt das?“ Pling: „sonst komm ich wann anders, bin da nur eh in der nähe.“ Ich will, dass das aufhört, antworte resigniert „bis gleich“ und mache mir einen Kaffee.

Gegen zwölf klingelt es an der Tür, ein Typ Anfang 20, schon etwas angetrunken. Er sei auf einer Party in der Nähe, er redet und redet. Beim Rausgehen drückt er mir 15 Euro in die Hand. Nach Stunden gerechnet ist das nicht mal der gesetzliche Mindestlohn. Gaby Coldewey