Sachsen, die Wiege der deutschen Arbeiterbewegung und der SPD

„Rotes Königreich“: So bezeichnete Reichskanzler Otto von Bismarck abschätzig Sachsen, weil dort die Sozialdemokraten gegen Ende des 19. Jahrhunderts besonders stark waren. Tatsächlich gilt das Land als Wiege der deutschen Arbeiterbewegung.

In Leipzig war’s, wo am 23. Mai 1863 der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein gegründet wurde, mit Ferdinand Lassalle als Präsidenten. Daraus ging 1890 die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hervor. Damals war Sachsen einer der führenden Industriestandorte des Kaiserreichs. Im sächsischen Crimmitschau gründete sich 1869 die erste Textilgewerkschaft. Man kämpfte für gerechten Lohn und kürzere Arbeitszeiten, erhoffte sich den Sozialismus. Kein Wunder, dass der Reaktionär Bismarck die Genossen fürchtete, die er 1878 mit dem Sozialistengesetz kaltzustellen versuchte.

Damals, vor dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1910, zählte die SPD allein in Dresden 25.000 Mitglieder und erreichte sachsenweit einen Stimmenanteil von rund 45 Prozent – was sich im Dreiklassenwahlrecht aber nicht in der entsprechenden Zahl an Mandaten ausdrückte. Immerhin zogen 1874 sechs Sozialdemokraten aus Sachsen in den Berliner Reichstag ein.

Nach dem Ersten Weltkrieg und der Spaltung der Arbeiterbewegung kam die SPD bei den ersten Landtagswahlen im Februar 1919 auf 41,5 Prozent und stellte fortan den Ministerpräsidenten. Erst gegen Ende der Weimarer Republik ging der Stimmenanteil merklich zurück.

Heute zählt die sächsische SPD landesweit genau 4.885 Mitglieder. Das beste Wahlergebnis nach der Wende erzielte die Partei 1990: es waren 19,1 Prozent. Derzeit wird die Partei in Umfragen zwischen 7 und 9 Prozent gehandelt.

Dazwischen lagen 12 Jahre Nazi-Herrschaft mit dem Verbot der SPD und der Verfolgung ihrer Mitglieder, ein kurzes Aufflackern zwischen der Befreiung 1945 und der Zwangsvereinigung mit der KPD im folgenden Jahr und das verordnete Ende in der DDR.

An ihre großen Zeiten konnte die Partei seitdem nie wieder anknüpfen. Klaus Hillenbrand