Neue Fraktionsspitze der Grünen: Özdemir will’s wissen

Kirsten Kappert-Gonther und Cem Özdemir wollen die neue Grünen-Fraktionsspitze werden. Dabei spielt ihnen einiges in die Hände.

Kirsten Kappert-Gonther und Cem Özdemir in einer Bildkombo

Spitzenduo? Kirsten Kappert-Gonther und Cem Özdemir Foto: Michael Kappeler/dpa

Am Samstag haben Cem Özdemir und Kirsten Kappert-Gon­ther ihre Bewerbung abgeschickt. An alle Abgeordneten der Grünen-Fraktion ging das zweiseitige Schreiben. Darin kündigen die beiden an, am 24. September für die Fraktionsführung zu kandidieren und damit Katrin Göring-Eckardt (KGE) und Anton Hofreiter herauszufordern.

„Liebe Freundinnen und Freunde“, heißt es in dem Brief. „Wir treten gemeinsam als Team an, weil wir uns schätzen und ergänzen. Unsere unterschiedlichen Erfahrungen aus einem rot-grün-rot regierten Stadtstaat und einem grün-schwarz regierten Flächenstaat bringen wir gemeinsam ein.“ Beide Parteiflügel bedienen – das kleine Einmaleins der Grünen haben die KandidatInnen drauf.

Zumindest im Fall von Cem Özdemir ist das auch kein Wunder. Fast ein Jahrzehnt, bis 2018, war er Parteichef. Zur Bundestagswahl 2017 trat er als Spitzenkandidat an. Seitdem spielt er aber nur noch in der zweiten Reihe und leitet den Verkehrsausschuss im Bundestag.

Dass ihm das auf Dauer nicht reicht, ist bekannt. Erst im Juni sagte er im taz-Interview, dass er im Fall einer Regierungsbeteiligung als Minister zur Verfügung stünde. Auch als Ministerpräsident in Baden-Württemberg ist er immer wieder im Gespräch. Ob und wann aus diesen Posten etwas wird, ist aber schwer planbar. Und sollten irgendwann tatsächlich Jobs zu vergeben sein, hat ein Fraktionschef bessere Chancen als ein Ausschussvorsitzender. So gesehen ist die Kandidatur bei den turnusmäßigen Fraktionswahlen sinnvoll.

Kirsten Kappert-Gon­ther gilt als kompetente Fachpolitikerin, höhere Ambitionen waren bisher aber nicht bekannt

Da die Grünen Wert auf die Parität von Geschlechtern und Parteiflügeln legen, überrascht es auch nicht, dass Özdemir ein Tandem mit einer linken Frau bildet. Prominente Abgeordnete wie Agnieszka Brugger oder Katja Dörner wollte oder konnte er aber offenbar nicht überzeugen. Kappert-Gonther hat lange Zeit Landespolitik in Bremen gemacht und sitzt erst seit 2017 im Bundestag. Dort arbeitet sie im Gesundheitsausschuss, unter anderem mit den Schwerpunkten Drogenpolitik und Frauengesundheit. Sie gilt als kompetente Fachpolitikerin, höhere Ambitionen waren bisher aber nicht bekannt.

Ob das Duo dennoch Chancen hat, die Abstimmung in zwei Wochen zu gewinnen? Mit Göring-Eckardt und Hofreiter sind viele Abgeordnete unzufrieden. Ihre Strahlkraft nach außen ist gering, intern gibt es zudem Beschwerden über den Führungsstil. Anders als früher ist die Fraktion auch nicht mehr auf Augenhöhe mit der Partei: Gegen die Popularität der Parteichefs Baerbock und Habeck kommen die beiden nicht an.

Allerdings hat Özdemir in der Fraktion auch nicht viele Anhänger. Als überzeugter Realo polarisiert er. In seiner Zeit als Parteichef wirkte er außerdem nicht sehr integrativ.

Sogar aus Reihen der Realos heißt es daher, dass das KandidatInnenduo momentan wohl keine Mehrheit hätte. Bis zur Wahl könne sich aber noch eine Dynamik entwickeln. Die Kandidatur könne zum Ventil für die latente Unzufrie­denheit ­werden. Und vielleicht sei ja auch ein ungewöhnlicher Wahlausgang denkbar, munkelt ein Abgeordneter: Die Fraktionsregeln sehen vor, dass über die KandidatInnen einzeln abgestimmt wird. Die Flügelparität sei nicht festgeschrieben. ­Möglich sei also auch ein Realo-Duo an der Spitze: Özdemir und KGE.

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