Ein Pilz zerstört Bananenstauden: Die Panama-Krankheit ist zurück

Ein aggressiver Pilz bedroht die konventionelle Bananenproduktion. TR4 hat mit Kolumbien das erste wichtige Exportland erreicht.

Bananenplantage mit zum Teil verdorrt aussehenden Pflanzen

Um den Pilz zu stoppen, wurden diese Bananenstauden auf einer Plantage totgespritzt Foto: Fernando Vergara/ap

HAMBURG taz | Panama und auch Puerto Rico haben Mitte August sämtliche Bananenimporte aus Kolumbien verboten. Die Angst geht um unter Lateinamerikas Bananenproduzenten, denn Analysen der niederländischen Agraruniversität Wageningen haben bewiesen, dass der Pilz TR4 Lateinamerika erreicht hat. „Fusarioum oxysporum f. sp. Cubense, Tropical Race 4“ heißt der Pilz mit ganzem Namen, dessen kugelrunde Sporen nur unter dem Mikroskop zu erkennen sind. Sie sitzen im Boden, kleben an Gummi­stiefeln, manchmal auch an Containern und haben den Weg aus Asien über Afrika nach Lateinamerika geschafft.

Das war für Experten wie Gert Kema, Professor an der Agraruniversität Wageningen, nur eine Frage der Zeit. „Der Pilz wurde zu Beginn der 1990er Jahre in Südostasien entdeckt und zog dann langsam über Australien, den Nahen Osten und Mosambik weiter und hat überall eine Spur der Verwüstung hinterlassen“, so der Pflanzenpathologe. Seit im Juni erste Anzeichen in Kolumbiens La Guajira Provinz entdeckt wurden, läuten die Alarmglocken in der Region. Aus Ländern wie Kolumbien, Ecuador oder Costa Rica kommt das Gros der auf dem Welthandel gehandelten Bananen, und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich der Pilz weiterverbreiten wird.

In Kolumbien wurde der nationale Notstand ausgerufen, 170 Hektar Anbaufläche gerodet, um die Verbreitung des Pilzes zu erschweren. 18 Millionen US-Dollar wurden bereitgestellt, um die Sofortmaßnahmen zu finanzieren, die helfen sollen, das Übergreifen auf die Hauptanbauregionen, die weiter südlich in Urabá und Magdalena Medio liegen – La Guajira ist nur eine kleine Anbauregion.

Doch Gert Kema, Pflanzenpathologe und Spezialist für TR4 und die Banane, ist nicht sonderlich optimistisch, dass die Maßnahmen erfolgreich sein werden. Er verweist auf die Erfahrungen im australischen Queensland, wo TR4 nur in einigen wenigen Pflanzen nachgewiesen wurde, Zehntausende von Stauden gerodet wurden und der Verbreitung der Seuche trotzdem kein Einhalt geboten werden konnte.

„In Kolumbien haben wir es jedoch mit vielen befallenen Stauden zu tun, die sich an mehreren Punkten der Plantagen befinden. Das spricht dafür, dass sich der Pilz schon verbreitet hat“, so Kema. Er ist Leiter eines klassischen Kreuzungsprogramms mit dem Ziel, neue Bananenvarianten zu züchten, die helfen sollen, die einseitige Abhängigkeit von einer Bananensorte zu reduzieren.

Anfällige Monokulturen

Cavendish heißt die Sorte, die zu 95 Prozent den Welthandel dominiert – aber auch für die regionale Versorgung der Bevölkerung in Indien und China entscheidend ist. Die Sorte hat sich durchgesetzt, weil sie gute Erträge liefert, ist aber relativ anfällig, so Kema. Nicht nur für den Pilz TR4, der sich an den Wurzelspitzen festsetzt, die Leitbahnen der Staude hochklettert, sie verstopft, sodass die Blätter welken und die Staude irgendwann abknickt und stirbt, sondern auch für andere Pilze wie Black Sigatoka. Der befällt die Blätter der Staude und wird mit massiven Pestizideinsatz aus der Luft auf den großen, in Monokultur betriebenen Plantagen in Schach gehalten.

Für Kema ist ein Kernproblem die einseitige Abhängigkeit von einer Sorte. „Bei allen anderen Kulturpflanzen gibt es Dutzende Sorten, wird in die Zucht neuer widerstandsfähiger Sorten investiert – bei der Banane war das nicht der Fall, kritisiert er. Angesichts der Tatsache, dass sich mit der kontinuierlichen Ausbreitung von TR4 die Geschichte wiederholt, kaum nachzuvollziehen.

Allzu lange haben die großen Fruchtkonzerne die Augen vor der TR4-Gefahr verschlossen

Schon Ende der 1950er raffte der Opa von TR4, TR1, die damals dominierende Bananensorte „Gros Michel“ dahin. Die als Panama-Krankheit in die Geschichte eingegangene Bananenseuche sorgte für die Umstellung auf eine resistente Sorte namens Cavendish. Die hat heute dem Enkel TR1 nichts entgegenzusetzen. Doch anders als Anfang der 1960er gibt es heute keine echte Alternative zur dominierenden Sorte Cavendish.

Allzu lange haben die großen Fruchtkonzerne von Chiquita über Dole bis Fyffes die Augen vor der TR4-Gefahr verschlossen. Sie, aber auch die Regierungen der Bananen produzierenden Länder, die vom Handel mit der Südfrucht abhängen oder auf die Banane als Grundnahrungsmittel angewiesen sind, haben an einem System festgehalten, das für Gert Kema das Grundproblem ist: mangelnde Vielfalt der Bananensorten und monokultureller Anbau im industriellen Ausmaß. „Für mich macht es keinen Sinn, die Cavendish-Sorte durch eine andere Sorte zu ersetzen und weiterzumachen wie bisher“, mahnt Kema. Er plädiert für ein Umdenken.

Grundproblem ist jedoch, dass es bisher keine Alternative zur Cavendish gibt. Während Wildbananen Samen in Form von Kernen und wenig Fruchtfleisch haben, ist die Exportbanane Cavendish samenlos und wird durch Stecklinge vermehrt – die einzelnen Bananen sind Klone mit sehr einheitlichem Erbgut.

Das macht es so schwer, Alternativen durch Kreuzung zu züchten. Zudem kostet es Zeit, so Kema. Frühestens in sieben Jahren rechnet er mit Erfolgen seines Zuchtprogramms an der Universität Wageningen.

Weiter ist sein Kollege James Dale an der Universität Brisbane in Australien. Er hat es geschafft, die Erbanlagen einer gegen TR4-resistenten Wildbanane zu isolieren und auf verschieden Cavendish-Varianten per Gentechnik zu übertragen. Erste Freilandversuche sind erfolgreich verlaufen, und in ein paar Jahren könnten die gentechnisch veränderten Sorten im großen Stil angebaut werden – vorausgesetzt, die Vebraucher greifen dann auch zu.

Geld und Zeit

Für Kema jedenfalls ist es ein Forschungserfolg, der einhergeht mit neuen Erkenntnissen zu TR4 und resistenten Sorten. Kema befindet sich im kontinuierlichen Austausch mit dem australischen Team von James Dale, setzt aber auf die klassische Kreuzungsvariante.

Das kostet neben Geld auch Zeit. Geduld ist gefragt, bis echte Alternativen zur Cavendish zur Verfügung stehen. Da der Pilz nur langsam vor­anschreitet, ist die Bananenversorgung in den Supermärkten vorerst ohnehin nicht gefährdet. Dabei sieht Kema derzeit kleine Plantagen mit einer diversen Anbaukultur im Vorteil. „Das hilft, bietet massive Vorteile gegenüber dem üblichen monokulturellen Anbau“, so Kema.

Der ist für ihn das eigentliche Problem. Die Anbaustrukturen liefern dem Pilz, der wahrscheinlich einst als nützlicher Pflanzenbewohner begann und erst durch Monokultur und Agrarpestizide zur Gefahr mutierte, optimale Lebensbedingungen. Die gilt es laut Kema zu ändern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.