Hindernis für Fehmarnbelt-Verbindung: Tunnel lässt Umweltschützer rasen

Ein neues Hindernis für den Bau des Fehmarnbelttunnels zwischen Dänemark und Deutschland: Der Nabu entdeckt streng geschützte Riffe.

Küste im dänischen Rödby

Jetzt noch Meer und Küste, irgendwann soll hier die Tunnel-Einfahrt auf der dänischen Seite entstehen Foto: dpa

BERLIN taz | Eines der größten Infrastrukturprojekte in Europa, der Fehmarnbelttunnel für Autos und Züge, steht auf der Kippe. Eigentlich sollen rund 18 Kilometer lange Röhren am Grund der Ostsee Deutschland mit Dänemark verbinden. So haben es die beiden Länder vereinbart. Die Reisezeit zwischen Hamburg und Kopenhagen soll damit auf 2,5 Stunden verkürzt werden.

Doch für den Bau mit derzeit veranschlagten Kosten von 12 Milliarden Euro, Hinterlandanbindung inklusive, gibt es eine neue Barriere. Der Umweltverband Nabu hat Forschungstaucher des Kieler Unternehmens Submaris in die Tiefen geschickt.

Sie kamen mit einer interessanten Entdeckung zurück: Dort, wo laut Gutachten des Bauherren, der staatlichen dänischen Gesellschaft Femern A/S, nicht mehr als Schlick und Sand zu finden ist, hatten sie große Findlinge und Geröllfelder fotografiert und gefilmt. Diese waren dicht bewachsen mit bunten Schwämmen, buschartig verzweigten Moostierchen und Tang. Plattfische tummelten sich wie sonst kaum irgendwo in der Ostsee.

Ein „einzigartiger Lebensraum“ sei das, sagt Kim Detloff, der beim Nabu den Meeresschutz leitet. „Der ökologische Schaden im Fall eines Tunnelbaus muss neu bewertet werden.“ Denn solche Riffe seien streng geschützt durch das Bundesnaturschutzgesetz und auch durch europäisches Recht.

Belastung für die Ostsee

Die Umweltschützer hielten den Tunnel von Anfang an für eine unzumutbare Belastung der Ostsee. Die Meeresenge zwischen der deutschen Ostseeinsel Fehmarn und der dänischen Insel soll für ihn durchpflügt, ein Graben rund 60 Meter breit, 20 Meter tief und 18 Kilometer lang gebuddelt werden. Betroffen ist auch ein Schutzgebiet für den einzigen in Deutschland beheimatete Wal, der Schweinswal.

Aber: Warum wurden die artenreichen Riffe, Quadratkilometergroß, bisher übersehen? Für solche großen Vorhaben müsse der Bauherr die sogenannte Basisaufnahme – eine Sammlung von Informationen, die es bereits über das Gebiet gibt – vorlegen, auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung, erklärt Detloff.

In diesen Unterlagen sei auch „Grobsediment“ aufgetaucht. Das sind Gebiete aus Kiesen und Steinen, in denen sich Riffe durchaus vermuten lassen. Nur: In weiterführenden Bewertungen der Umweltauswirkungen von Femern A/S sei aus dem „Grobsediment“ dann Sandboden geworden. Schlamperei, bewusstes Ignorieren? Für Detloff kommt alles in Frage. Der Nabu beklagt das Projekt derzeit vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Gleich acht Klagen

Femern A/S gibt sich gelassen. Eine Sprecherin erklärte auf Anfrage: „Die Ausführungen des Nabu sind uns aus ihrer Klagebegründung bekannt und nicht geeignet die Planfeststellung anzuzweifeln. Aus Rücksicht auf die laufenden Klageverfahren möchten wir dazu nicht weiter öffentlich Stellung nehmen.“

Das Land Schleswig-Holstein hatte Anfang 2019 den Planfeststellungsbeschluss vorgelegt, also den Bau gebilligt. Während es in Dänemark nur wenig Widerstand gegen ihn gibt, ist beim Bundesverwaltungsgericht nicht nur die Klage des Nabu eingegangen. Dort liegen gleich acht Klagen vor.

Auch Einheimische auf Fehmarn wehren sich vor Gericht gegen das Bauwerk. Sie fürchten unter anderem, dass der Tourismus leide. Denn: Damit Schnellzüge und Autos nicht im Stau auf Fehmarn stecken bleiben, wenn sie aus der Röhre raus kommen, soll die Strecke gen Süden ausgebaut werden.

Dabei steht grundsätzlich in Frage, wie viele Leute den Tunnel überhaupt nutzen würden. Der Nabu rechnet mit 12.000 Fahrzeugen am Tag. Er meint, dafür werde andernorts nicht einmal eine Umgehungstrasse gebaut.

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