Kommentar von Benno Schirrmeister über die Zerlegung der AfD-Fraktion
: Ein Grund zu feiern

Jetzt eine Flasche Schampus! Wenn sich eine AfD-Fraktion zerlegt, ist das eine gute Nachricht für alle, denen Demokratie am Herzen liegt. Das sollte man feiern, und eine Pulle Bio-Sekt ist das schon wert, im Preissegment zwischen fünf und zehn Euro.

Nicht mehr. Edler hieße nämlich den Vorgang überbewerten. Denn genau genommen erlebt Bremen mit der Selbstzersetzung der äußerst rechten Fraktion ein Déja-vu: Vor vier Jahren hatte sich die frisch in den Landtag gewählte Partei gespalten. Drei der vier Abgeordneten gingen mit Gründer Bernd Lucke in eine neue Körperschaft, die sich vergeblich versuchte, einen Namen zu machen.

Die damals noch erkennbaren ideologischen Differenzen spielen keine Rolle mehr: Den verbliebenen Einzelabgeordneten Alexander Tassis, der dem Flügel zuzurechnen ist, bekämpften Seit’an Seit’die Parteioberen Thomas Jürgewitz und Frank Magnitz. Nachdem die beiden Björn-Höcke-Bewunderer den erledigt hatten, ist es folgerichtig, dass sie ihren Überschuss an Hass aufeinander beziehen und sich gegenseitig maximal schaden. Das Ende der Fraktion bedeutet für Jürgewitz einen monatlichen Verlust von rund 7.000 Euro. Das lässt sich Magnitz, der ja noch die Bundestagsdiäten sicher hat, gerne etwas kosten.

Das Fatale: Dieses dem Faschismus inhärente Programm der Selbstzerstörung entfaltet auf die WählerInnen der AfD keine abschreckende Wirkung. So sind weder die Umfragen in Baden-Württemberg eingebrochen, wo die AfD-Fraktion sich geteilt hatte, sodass sie gleich zweimal die erhöhten Diäten für Fraktionsvorsitzende einfordern konnte, noch in Schleswig-Holstein, wo der Streit um die mit der Szene der HolocaustleugnerInnen vernetzte ehemalige Landesvorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein durch die Instanzen tobt.

Ähnlich sieht’s in Mecklenburg-Vorpommern aus, wo der mittlerweile aus der Partei ausgeschlossene Volksverhetzer Holger Arppe noch 2016 Fraktionsvize war. Auch in Sachsen hat die Auslöschung der Ex-Frontfrau Frauke Petry offenbar keinen Einfluss aufs Wahlergebnis gehabt. Es ist genau die Lust am Zerstören, der die Zustimmung zur AfD entspringt: Demokratie bedeutet, Ausgleich durch diskursive Anstrengungen herzustellen. Der Wunsch, dieser Mühe enthoben und ledig zu sein, macht autoritäre Modelle attraktiv.

Demokratie erschöpft sich darin aber nicht, und eben drum sollte man den freudigen Bremer Vorfall festlich begehen: Wenn Lust am Untergang die Zustimmung zum Untergang bewirkt, hat es wenig Aussicht auf Erfolg, ihn mit protestantischem Ernst wegarbeiten zu wollen. Demokratie ist absolut spaßfähig. Nur: Sie vergisst es mitunter, lässt ihre Erfolge ungefeiert und genießt ihre Triumphe nicht. Das kann sie sich aber nicht mehr leisten.