Schotten schrabbeln in der Sauna

The Pastels feierten im Frannz Club ein Fest der Indierock-Nostalgie – leider ohne die geniale Bassistin

Von René Hamann

Sie fehlte. Es standen nicht weniger als sechs Leute unter dem Namen „The Pastels“ auf der Bühne, aber von der mittleren Besetzung waren nur noch Frontmann und Gitarrist Stephen Pastel und Schlagzeugerin und Sängerin Katrina Mitchell geblieben; ihre kongeniale Bassistin Aggi (bürgerlich Annabel Wright) war nicht mehr dabei; sie fehlte.

Dabei fehlt sie der Glasgower Indie-Urgestein-Band bereits seit 2000, laut römischem Kalender seit geschlagenen 19 Jahren. Ähnlich lange her mag es sein, dass The Pastels nicht mehr auf regulärer Tournee gewesen sind. Der Kritiker hier hat sie zuletzt irgendwann in den späten Neunzigern gesehen, vermutlich 1998, als sie als Vorband für Yo La Tengo in der Kölner Live Music Hall spielten und unter anderem mit einer wahnsinnig tollen Coverversion von „You Trip Me Up“ von The Jesus & Mary Chain (ebenso aus Schottland stammend) begeisterten.

Im Wesentlichen ist damit fast schon alles gesagt. Die Pastels, mal mit einem schottischen „a“ wie in „Arthur“, mal mit einem englischen „ä“ wie in „Bay“ ausgesprochen, sind eine Band aus Glasgow, die von Stephen McRobbie aka Pastel bereits im Jahr 1981 (!) gegründet worden war. In den achtziger Jahren veröffentlichten sie einige Singles auf dem legendären Creation-Label und galten als schottisches Department in Sachen C86, einer Sorte schrabbeliger, sixties-induzierter Indierockmusik, die eben die „Klasse von 1986“ bildete und deren andere Vertreter etwa die Primitives, The Wedding Present und eben The Jesus & Mary Chain waren. Doch die Pastels blieben irgendwie in der zweiten Reihe stecken, vielleicht auch, weil ihr Sound nicht so eindeutig war und sie sich mit ihrem Debüt viel Zeit ließen: „Up for a bit with …“ erschien erst 1987.

In den neunziger Jahren wechselten sie zum Label Domino und nahmen nochmal mächtig Tempo aus ihrer Musik, wechselten klassische Instrumente ein und warteten mit charmantem Wechselgesang zwischen Pastel, Aggi und Mitchell auf. Ihre Musik blieb psychedelisch, sie wurde aber eben gemächlicher und sensibler – The Pastels können so als Urmütter und -väter der nächsten Sorte Indie-Musik aus Schottland gelten, dem Twee Pop nämlich, aber auch da verpassten sie den großen Turn: Um 2000 hing jedes Indie-Mädchenzimmer mit Plakaten von Belle & Sebastian voll; die Pastels jedoch blieben eine Insiderband.

Am schwülen Freitagabend spielten sie im Frannz Club in der Kulturbrauerei, und sie waren sichtlich überrascht, wie sehr sie gefeiert wurden – trotz der Sauna, in der sie spielten, trotz des redseligen Publikums, das im Schnitt gut mitgealtert war, trotz des Schritttempos, in dem sie musizierten. Sie brachten selten gehörte alte Nummern, darunter eine Hommage an den kürzlich verstorbenen David Berman von den Silver Jews. Von ihrer besten Platte, „Illumination“ (1997), spielten sie allerdings nur ein Stück, dafür „Oh Baby Honey“ von ihrem Debüt vor der Zugabe – das Highlight des Abends.

Der Rest war Nostalgie. Ein Schwelgen in alten Zeiten angesichts der Hinfälligkeit, vor der auch der charmante Stephen Pastel und die kecke Katrina Mitchell nicht gefeit sind. Für einen Moment war es magisch.