Pandanachwuchs im Berliner Zoo: Endlich trächtig!

Pandabären sind ein Bollwerk gegen Effizienzsteigerung, Leistungsoptimierung und Flexibilität. Wie schön, dass die Bärin Meng Meng Nachwuchs bekommt!

Die Pandabärin Meng Meng sitzt in ihrem Gehege an eine Scheibe gelehnt und steckt sich gerade eine Stange Bambus ins Maul

Pandabärin tut, was eine Pandabärin tun muss – Meng Meng schlägt sich den trächtigen Bauch voll Foto: ap/Michael Sohn

Pandabären sind grotesk überlebensunfähig. Sie gehen im Wesentlichen nur zwei Beschäftigungen nach, nämlich dem Schlafen und dem Fressen, weil sie sich in den pelzigen Dickkopf gesetzt haben, ausschließlich Bambus zu fressen, den sie im Grunde aber gar nicht verdauen können, weil ihr Darm zu kurz ist. So müssen sie Unmengen von dem Zeug futtern, das sie praktisch unverdaut wieder ausscheiden. Ein so zermürbender Kreislauf, dass sie den Rest der Zeit nur träge vor sich hin dämmern und für anstrengende Tätigkeiten keine Kraft mehr haben. Weshalb sie zum Beischlaf nur einmal im Jahr zu ausgewählten Stunden bereit sind.

Sollte es entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch zum Äußersten kommen, werden am Ende krumplige, nackte Winzwesen geboren, von denen die eigene Mutter einen beachtlichen Teil versehentlich zerquetscht, wenn sie sich, erschöpft vom Futtern, auf den Boden sinken lässt. Survival of the fittest ­– ein Witz!

Genau deswegen verdient der Panda unsere Liebe. Er ist ein Bollwerk gegen das Gewäsch von Effizienzsteigerung und Leistungsoptimierung, Flexibilität und Workflow, er ist die Bär gewordene Antithese zur FDP. Mag sich Christian Lindner noch so sexy vor jede Kamera stoppeln ­– im direkten Vergleich mit einem Panda würde niemand ihn auch nur eines Blickes würdigen.

Berlin steht jetzt vor einer kollektiven Hysterie, weil die Stadtbärin Meng Meng trächtig ist. Was wir wissen, weil es den Pandahätschlern im Zoo gelungen ist, sie mit einer Mischung aus „Äpfeln, Pandakeksen und Honigwasser“ dazu zu bewegen, ihren Bauch für eine Ultraschalluntersuchung kurz vorzuzeigen. Allein das! Von wegen „allzeit bereit“.

Wenn alles klappt, werden die notorisch übellaunigen Berliner im Herbst zu Hunderttausenden in den Zoo strömen, um den Nachwuchs zu bestaunen. Viele von ihnen werden vielleicht zum ersten Mal seit Jahren wenigstens für einige Minuten das Schimpfen einstellen, eine Woge des Entzückens wird durch die Stadt schwappen. Es ist ja kein Zufall, dass ausgerechnet die AfD sich so vehement gegen Zoos ausspricht – so viel Glück kann sie nicht ertragen, da bricht ihr die Geschäftsgrundlage weg. Berlin hat jüngst über die Einführung eines Feiertags gestritten. Vorschlag fürs nächste Mal: Meng Mengs Empfängnis!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.