Initiative gegen Schuldenbremse: Hamburg soll mehr Geld ausgeben

Ein Bündnis wider die Schuldenbremse sammelt derzeit Unterschriften. Für die erste Runde Volksinitiative wird es wohl reichen – danach wird es eng.

Demo-Transparent, darauf steht: "Kaviar für alle"

„Kaviar für alle“? Dagegen klingen die Forderungen der Hamburger Ini geradezu bescheiden Foto: dpa

HAMBURG taz | Mehr Geld für inklusive Schulen, den Nahverkehrs-Ausbau und mehr Personal in der Pflege: Solche Ziele hat sich die Hamburger Initiative „Schuldenbremse stoppen“ auf ihre Plakate geschrieben. Dafür müsse die Stadt Schulden aufnehmen können. Eine Position, von der sich am Donnerstag auch einige EinkäuferInnen auf dem Harburger Markt überzeugen ließen, wo die Initiative an diesem Tag ihren Stand aufgebaut hatte.

„Zwischen 100 und 200 Unterschriften“ bekomme man durch solche Aktionen zusammen, sagt Sprecherin Franziska Hildebrandt. Dafür sind die UnterstützerInnen in der ganzen Stadt, von Lurup bis Billstedt unterwegs. „Genauso unterschiedlich wie die Stadtteile sind auch die Leute, die unterzeichnen“, sagt Hildebrandt.

Mehr als 8.800 Stimmen hat die Initiative seit Anfang Mai gesammelt. Nötig sind in der ersten Runde 10.000 Unterschriften von Hamburger Wahlberechtigten, Zeit dafür ist bis Ende Oktober. „Wir sind guter Dinge“, sagt Hildebrandt.

Das ist aber nur der erste Schritt, denn das Thema geht weit über Hamburg hinaus. Hier gilt: In guten Konjunkturjahren dürfen keine neuen Schulden aufgenommen werden. Ein Ausgabendeckel steht aber auch im Grundgesetz und in den EU-Verträgen. Auch dagegen richtet sich die Initiative. Langfristig halte sie die deren Ziele für realistisch, sagt Julia Hobohm; sie hat am Donnerstag in Harburg unterschrieben.

Linke fördert die Ini nicht

Im Manifest der Initiative heißt es, die Schuldenbremse sei eine „harte Absage an die öffentliche Gestaltungsmöglichkeit“. Den Senat fordern die VerfasserInnen auf, die Vermögen umzuverteilen. Es sei genug Geld da, um öffentliche Ausgaben zu erhöhen.

Unterschrieben haben die Forderung unter anderem die Studierendenvereinigungen der Hamburger Hochschulen, die hiesige Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie die Jugendorganisationen von Grünen und Linken.

Auch die Linksfraktion in der Bürgerschaft lehnt die Schuldenbremse ab – eigentlich. Die Volksinitiative will sie trotzdem nicht unterstützen: „Die Studierenden versuchen gar nicht, ein breites Bündnis aufzubauen“, sagt Norbert Hackbusch, finanzpolitischer Sprecher der Bürgerschafts-Linken.

„Das ist ein falsches Bild“, widerspricht Hildebrandt. Dass der Impuls von Studierenden kam, werte die Initiative ja nicht ab. Tatsächlich kommt Unterstützung von Teilen der Gewerkschaft Ver.di und aus der Linkspartei, aber ganz große Namen fehlen halt.

Von den anderen Fraktionen in der Bürgerschaft können die AktivistInnen erst recht kaum mit Unterstützung rechnen. Grüne und SPD halten an der Schuldenbremse fest. Der Ausgabendeckel erlaube es, weiter in Infrastruktur und ökologische Technologien zu investieren, sagt Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks. Würde diese Regelung gekippt, müsste sich Hamburg an die schärfere Schuldenbremse des Bundes halten.

Langer Weg zur Abstimmung

Sammelt die Bewegung bis Oktober 10.000 Unterschriften, geht ihr Anliegen dennoch an die Bürgerschaft. Lehnt das Parlament die Forderungen ab, wäre der nächste Schritt dann ein Volksbegehren. Dafür müssen innerhalb von drei Wochen knapp 65.000 HamburgerInnen unterschreiben. Danach käme es zum Volksentscheid, eine Verfassungsänderung gäbe es bei einer Zwei-Drittel-Mehrheit.

Der Erfolg scheint fraglich. Andererseits: Das Verfahren dauert wohl noch über ein Jahr. Und es mehren sich derzeit die Stimmen, die nicht auf der „schwarzen Null“ bestehen. So wollen mehrere Kandidaten für den SPD-Vorsitz Geld für die Klimaziele auszugeben. „Die politische Grundlage“, sagt Franziska Hildebrandt, „ist gut.“

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