Weit hinter den Profis

Das deutsche Abschneiden bei der Ruder-WM ist bislang enttäuschend. Der Achter-Steuermann Martin Sauer führt dies auch auf die deutlich professionelleren Arbeitsbedingungen der Konkurrenz zurück

Boot der Hoffnung: Der Achter ist noch konkurrenzfähig Foto: imago

Aus OttensheimElisabeth Schlammerl

Zum Abschluss hat es auch noch den Frauen-Achter erwischt. Als Vierter und Letzter des Hoffnungslaufes verpasste er gestern das Finale bei den Ruder-Weltmeisterschaften in Ottensheim – nicht überraschend allerdings, so wie ein paar andere deutsche Boote, die derzeit nicht mit den Besten der Welt mithalten können. Doch für Cheftrainer Ralf Holtmeyer ist die Zwischenbilanz „ziemlich enttäuschend“, trotz der bisher souveränen Auftritte des Männer-Achters und von Oliver Zeidler im Einer. Sechs Frauen-Boote verpassten die direkte Olympia-Qualifikation, dazu der Männer-Zweier ohne Steuermann – damit sind die Hälfte der Quotenplätze für die Sommerspiele in Tokio 2020 weg.

Beim Weltcup im kommenden Jahr in Luzern gibt es zwar die Möglichkeit zur Korrektur, aber Holtmeyer sieht jetzt schon Handlungsbedarf. Die Skullerinnen, ist er zuversichtlich, hätten in dieser Saison viel Pech mit Verletzungen und Krankheiten gehabt, die würden die Scharte wohl auswetzen. Aber im Frauen-Riemenbereich muss einiges auf den Prüfstand. Es scheint so, als hadere Holtmeyer mit dem Training am Riemen-Stützpunkt Potsdam, das „aufgrund des Überehrgeizes neu eingestellt“ werden müsse. Sich mit modernen Methoden zu beschäftigen, hält der Cheftrainer zwar grundsätzlich für gut, aber „es muss zusammenpassen“.

Das eine ist die rein sportliche Analyse, das andere ist das System. International, sagt Achter-Steuermann Martin Sauer, habe sich in den vergangenen zehn Jahren viel getan. Am Anfang seien die Voraussetzungen in der Weltspitze vergleichbar gewesen. „Aber mittlerweile sind unsere Gegner fast alles Profi-Athleten, die entsprechend trainieren und zentralisiert sind“, sagt er. „Bei uns ist das so Zwischending.“ Und deshalb „kämpft man da nicht mehr auf Augenhöhe“, findet Sauer, trotz der Erfolge des Paradebootes, das seit Olympia 2016 nur ein Rennen verloren hat, die Windregatta im Juli in Rotterdam.

Großbritannien hatte nach dem Zuschlag für die Sommerspiele 2012 in London begonnen, den Spitzensport zu reformieren – und viel Geld in das Projekt gesteckt. Die Athleten bekamen eine monatliche Finanzspritze, um sich auf ihren Sport konzentrieren zu können. Andere Nationen hätten nachgezogen, sagt Sauer. „Neuseeländer, Australier, Rumänen und Italiener sind in so einem System.“ Da seien zwar „keine Millionen zu verdienen“, weiß der 36-jährige Berliner, aber es reiche ja schon, wenn sie wie in England, „2.000 Pfund im Monat bekommen“, mit der Vorgabe, das Studium ruhen zu lassen, solange sie Rudersport betreiben.

Die deutschen Achter-Ruderer profitieren zwar von einem Sponsor, aber die Summe, die jeder Athlet am Ende des Jahres bekommt, reicht nicht fürs Leben. „Bei uns ist immer klar, alle sind in erster Linie Studenten und müssen ihr Leben nach dem Rudern während des Ruderns sichern“, sagt Sauer. Im deutschen Paradeboot sitzen nur zwei Athleten, die nicht an einer Universität immatrikuliert sind. Schlagmann Hannes Ocik gehört der Sportfördergruppe der Polizei an, und Laurits Follert überlegt, den gleichen Weg einzuschlagen. Sauer selbst ist längst fertiger Jurist, aber in den Beruf kann er erst einsteigen, wenn mit dem Rudern Schluss ist – nach Tokio.

Deutschlands Medaillen-Hoffnung Zeidler plant auch erst einmal bis Olympia. Gut möglich, dass er danach seine Ruder-Karriere, die erst vor drei Jahren begann, schon wieder beendet.