200 Gerettete suchen Schutz

Gleich zwei Schiffe mit je rund 100 Geflüchteten wollen im Mittelmeer einen Hafen anlaufen

Die Dresdner Hilfsorganisation Mission Lifeline dringt auf eine zügige und humane Lösung für die 101 Flüchtlinge an Bord ihres Rettungsschiffs „Eleonore“ im Mittelmeer. Man sei mit der Bundesregierung in Kontakt, twitterte die Organisation am Mittwoch. An Malta ging der Appell, schnelle diplomatische Aktivitäten zur Aufnahme der Flüchtlinge zu starten. Ein längeres Ausharren auf See sei nicht möglich.

Die Behörden von Malta erlaubten unterdessen eine Hilfslieferung für die Flüchtlinge und zehn Crewmitglieder auf der „Eleonore“, die vor der Zwölf-Meilen-Zone der Insel liegt. Mitarbeiter packten in der Hauptstadt Valletta Trinkwasser, Nahrung und Desinfektionsmittel auf ein Versorgungsschiff. Am Dienstag hatte Malta das Auslaufen eines kommerziellen Versorgungsschiffes noch untersagt.

Malta hat dem Schiffskapitän Claus-Peter Reisch verboten, in seine Hoheitsgewässer einzufahren oder gar am Hafen anzulegen. Für die Flüchtlinge sei die unklare Situation und die Enge auf dem Schiff psychisch sehr belastend, sagte Lifeline-Sprecher Axel Steier dem Evangelischen Pressedienst (EPD). Es bestehe die Gefahr, „dass die Leute austicken“. Auch werde befürchtet, dass sich Krankheiten ausbreiten.

Die 101 Flüchtlinge waren am Montag vor der libyschen Küste gerettet worden. Unter ihnen sind laut Lifeline 30 Minderjährige, vier davon Kinder unter zehn Jahren. Zuvor hatte bereits Italien der unter deutscher Flagge fahrenden „Eleonore“ die Einfahrt in seine Gewässer verboten.

Unterdessen hat auch die „Mare Jonio“ der italienischen Hilfsorganisation Mediterranea Saving Humans vor der libyschen Küste knapp hundert Bootsflüchtlinge gerettet. Unter ihnen seien 26 Frauen, darunter acht Schwangere, und 22 Kinder unter zehn Jahren, teilte die Organisation am Mittwoch mit.

Nachdem die italienische Leitstelle für Seenotrettung das unter italienischer Flagge fahrende Schiff an die libysche Küstenwache verwiesen hatte, richtete die Besatzung der „Mare Jonio“ eine erneute Anfrage an Rom. Die Besatzung weigerte sich den Angaben zufolge, mit Libyen zusammenzuarbeiten, da die Geretteten dort täglich Folter ausgesetzt seien.

Die Besatzung der „Mare Jonio“ hatte das in Seenot geratene Schlauchboot auf dem Radar siebzig Seemeilen nördlich der libyschen Hafenstadt Misurata mit einer defekten Luftkammer entdeckt. Die Flüchtlinge waren drei Tage zuvor von der libyschen Küste aus gestartet. Sie sollen mehrheitlich aus Elfenbeinküste, Kamerun, Gambia und Nigeria stammen. Einige von ihnen hätten Spuren von Folter und durch den Kontakt mit Benzin verursachte Verbrennungen aufgewiesen.

Die Sprecherin des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) für Südeuropa, Carlotta Sami, erinnerte im Zusammenhang mit der Rettungsaktion ­daran, dass seit Jahresbeginn mindestens 900 Flüchtlinge im Mittelmeer ums Leben kamen. „Tragödien, die verhindert ­werden könnten, wenn humanitäre Einsätze nicht mehr für politische Zwecke instrumentalisiert würden“, betonte sie auf Twitter. (epd)