Bekämpfung des Rechtsex­tremismus: Das BKA macht ernst

Das Bundeskriminalamt will gegen Rechtsextreme vorgehen – mit neuen Strukturen und mehr Personal. Für diese Pläne gibt es nicht nur Lob.

zwei weiße Männer: BKA Chef Holger Münch und Innenminister Horst Seehofer

Haben die Köpfe zusammengesteckt: BKA-Chef Holger Münch und Innenminister Horst Seehofer Foto: dpa

Es soll offenbar ein großer Aufschlag werden. Das Bundeskriminalamt (BKA) plant laut Medienberichten einen deutlichen Ausbau seiner Strukturen für die Bekämpfung des Rechtsex­tremismus, mit 440 neuen Personalstellen und einem verschärften Vorgehen gegen Hasspostings. In der Politik findet das weitgehend Zustimmung. Manchen indes geht das nicht weit genug – oder zu weit.

„Ich begrüße die Pläne ausdrücklich“, erklärte SPD-Innenexperte Uli Grötsch. „Kein Neonazi darf sich jemals unbeobachtet fühlen. Jeder muss für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden, egal ob es sich um Gewalttaten oder um Hasskommentare handelt.“ Der Grüne Konstantin von Notz sagte: „Eine strukturelle Neuaufstellung der Sicherheitsbehörden und eine klarere personelle Konzentration auf rechtsextreme Strukturen fordern wir seit Langem.“

Das Bundesinnenministerium bestätigte am Montag nur, dass das BKA ein Konzeptpapier eingereicht habe. Die Süddeutsche zitiert direkt daraus: Demnach sollen im Kampf gegen Rechtsextreme neue Referate und Sondereinheiten mit 440 neuen Stellen aufgebaut werden. Zudem soll die Gefährlichkeit von gewaltbereite Rechtsextreme mit einem Analysetool, „Radar-rechts“, systematisch erfasst werden – bei Islamisten wird dies bereits angewandt.

Derzeit gehen die Behörden von 12.500 gewaltbereiten Rechtsextremisten aus. Als Gefährder, denen jederzeit eine schwere Straftat zugetraut wird, gelten davon nur rund 40. Für Sebastian Fiedler, Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), dürfte diese Zahl nach der Reform und einem strukturellen Durchforsten der Szene die Zahl „deutlich höher“ liegen.

Neuer Strafbestand für Feindeslisten

Aufgebaut werden soll im BKA auch eine „Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität“. Diese soll Hasspostings im Internet zentral erfassen, die VerursacherInnen ermitteln und deren Daten an örtliche Dienststellen übermitteln. Heikel: Das BKA will dafür angeblich auch die Verlängerung von Speicherfristen für Onlinepostings, also eine Vorratsdatenspeicherung. Zudem sollen Plattformen wie Facebook oder YouTube Hetzkommentare nicht mehr nur löschen – sondern diese mit den Nutzerdaten auch direkt dem BKA zuleiten. Angeregt wird auch ein neuer Straftatbestand für das Erstellen von „Feindeslisten“.

Auch der Bundesverfassungsschutz arbeite an einem Reformpapier, bestätigte das Innenministerium. Anfang September werde Horst Seehofer (CSU) über beide Konzepte entschieden, danach der Bundestag. Die Pläne sind eine Reaktion auf den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, mutmaßlich durch einen Nazi. Seehofer hatte danach mehr Härte gegen Rechtsextreme angekündigt.

BDK-Chef Fiedler begrüßte die Pläne als „äußerst sinnvoll und in Teilen überfällig“. Wer den Rechtsextremismus ernster bekämpfen will, müsse auch an Onlinehasskommentare ran. „Es geht um strafrechtliche Inhalte“, so Fiedler. „Und Hassreden sind die Grundlage für viele weitere Probleme.“ Die Reform bedeute aber auch Mehrarbeit für die Länderpolizeien. Bisher sei aber unklar, wie das funktionieren soll.

„Echte Reformen sind das nicht“, sagte dagegen FDP-Innenexperte Benjamin Strasser. Es brauche eine Strukturreform aller Sicherheitsbehörden, auch mit Zusammenlegung von Landesbehörden. „Wir brauchen weniger Behörden, die sich besser abstimmen und mehr verantwortlich fühlen.“ Der Grüne von Notz kritisierte die geplante Vorratsdatenspeicherung: Massenüberwachungen seien mit den Grundrechten „unvereinbar“. Entscheidend sei ein „zielgerichtetes“, zwischen den Behörden abgestimmtes Vorgehen.

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