Entlastung für Kinder Pflegebedürftiger: Für mehr Würde und Liebe

Wenn Eltern zum Pflegefall werden, sollte es um Würde für alle Beteiligten gehen. Doch Angst vor finanzieller Überlastung war bisher berechtigt.

Eine Frau und eine zweite Frau im Rollstuhl stehen im Licht der Abendsonne auf einer Wiese

Eltern zu pflegen ist schwer genug, da kann man nicht auch noch finanzielle Angst gebrauchen Foto: Unsplash/Dominik Lange

Endlich mal wieder ein gutes Signal in der Pflege: Kinder pflegebedürftiger Eltern müssen künftig nicht mehr damit rechnen, durch die in professionelle Hände gegebene Betreuung von Mutter und Vater selbst arm zu werden. Oder Haus und Hof verkaufen zu müssen, um das Pflegeheim bezahlen zu können. Dafür sorgt ein Kabinettsbeschluss mit dem sperrigen Titel „Angehörigenentlastungsgesetz“.

Was so bürokratisch klingt, dürfte vielen Menschen helfen: Nur wer mehr als 100.000 Euro brutto im Jahr verdient, muss anteilig die Kosten für die pflegebedürftigen Eltern übernehmen, wenn diese selbst kein Geld haben. Bisher liegen die Einkommensgrenzen für Alleinstehende bei 21.600 Euro netto im Jahr und für Familien bei 38.800 Euro netto. Alles, was darüber verdient wurde, konnte draufgehen für Pflegekosten. Mit dem Resultat, dass viele alte kranke Menschen lieber einsam zu Hause vor sich hin vegetieren, statt sich in einer öffentlichen oder privaten Einrichtung professionell betreuen zu lassen. Sie wollen den Kindern „nicht auf der Tasche liegen“, sagen die Betroffenen.

Nun ist die Pflege gebrechlicher Eltern mitnichten allein eine monetäre Angelegenheit, aber sie wurde bislang stark darauf reduziert. Weil allein die Aussicht, im Pflegefall nicht nur persönlich, sondern vor allem finanziell gefordert zu sein, Angst machte. Dann wird schon mal hin und her gerechnet, worauf man in den kommenden Jahren verzichten kann und muss – um am Ende vielleicht das billigste Pflegeheim anzusteuern, auch wenn das einen schlechten Ruf hat.

Viele Angehörige sind auf Pflegeheime für die Eltern angewiesen, weil die meisten selbst voll berufstätig sind, manche haben noch kleine Kinder. Sie können die private Pflege zu Hause schon rein organisatorisch gar nicht leisten. Und – das ist nicht zu vernachlässigen – professionelle Pflege trägt maßgeblich zum Familienfrieden bei. Nichts kann ein Eltern-Kind-Verhältnis mehr belasten als eine Pflicht, die als lästig und undankbar empfunden wird. Mit den eigenen Eltern ist es eben anders als mit den eigenen Kindern: Kinder bekommt man in der Regel freiwillig, Eltern kann man sich nicht aussuchen. Und nicht wenige Menschen werden im Alter frustriert, traurig, starrsinnig, grantig. Wer hält das – bei aller Liebe – schon tagtäglich aus, ohne selbst zu verzweifeln?

Nicht zu vernachlässigen: Professionelle Pflege trägt maßgeblich zum Familienfrieden bei

Dass der Städte- und Gemeindebund vor den Millionen, die Kommunen zusätzlich aufgebürdet werden, warnt, war zu erwarten. Anderes ist man vom Spitzenverband nicht gewohnt. Aber es geht eben nicht ausschließlich um Geld, sondern in erster Linie um Würde, Lebensqualität und Zufriedenheit – für die zu pflegenden Eltern und die pflegenden Angehörigen.

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Ressortleiterin taz.de / Regie. Zuvor Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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