Claudius Prößer über den Grünen-Vorschlag, alle Inlandsflüge ab Tegel zu streichen
: Schamlos mit der Bahn fahrn

Gesetzt den Fall, der BER wird 2020 eröffnet – wer hätte gedacht, dass wir das mal schreiben! –, ist er wieder zu klein. Dramatisch zu klein, unkt die Opposition, angeführt von Tegelretter Sebastian Czaja (FDP), aber auch die Flughafengesellschaft (FBB) fürchtet den Ansturm und baut im Wortsinn vor: Das Terminal T2, dessen Richtfest gerade begangen wurde, schafft sechs Millionen Passagiere im Jahr, was die Kapazität von BER und Alt-Schönefeld zusammen auf 40 Millionen hebt.

Reicht trotzdem nicht: Das Unternehmen unter der Leitung von Engelbert Lütke Daldrup kalkuliert mit 55 Millionen Passagieren im Jahr 2040, also 20 Millionen mehr als heute. Ausbaupläne gibt es schon, sie firmieren unter dem Label „Masterplan 2040“.

Aber war da nicht was mit Klima und CO2 und „Flugscham“? Genau. Für Georg Kössler, den klimaschutzpolitischen Sprecher der Grünenfraktion, löst sich deshalb das Kapazitätsproblem überraschend einfach: Streichen wir alle Inlandsflüge, die heute von Tegel und Schönefeld aus stattfinden, und am BER ist locker Platz für alle!

Kössler hat sich die Zahlen mittels parlamentarischer Anfrage von der Verkehrsverwaltung vorlegen lassen. Tatsächlich machen die Inlandsverbindungen vor allem in Tegel mit 41 Prozent aller Flüge einen gewaltigen Batzen aus. In Schönefeld, Home of Ryanair & Co., sind es nur 13 Prozent.

Klar: Ein Teil derer, die in diesen Fliegern sitzen, macht nicht einfach einen Kurztrip ans andere Ende von Deutschland, sondern nimmt in Frankfurt, München oder Düsseldorf den Anschluss zu weiter entfernten Zielen. Die Flughafengesellschaft beziffert diesen Anteil mit rund zehn Prozent. Kössler findet aber, dass sich Zubringerflüge problemlos mit Bahnfahrten ersetzen lassen: „Für einzelne Leute mag das Nachteile haben. Aber früher war es auch völlig normal, mit dem Zug nach Frankfurt zu fahren, um dort ins Flugzeug nach New York zu steigen.“ Kössler schlägt vor, dass die Bahn mit den Fluggesellschaften kooperiert, um attraktive Kombinationen anbieten zu können.

Im Gegensatz zum radikalsten Flügel der Klimabewegung will Kössler den begonnenen Terminalausbau am BER nicht stoppen. Danach ist für ihn aber die rote Linie erreicht: „Den Masterplan 2040 lehne ich kategorisch ab.“ In künftigen Koalitionsverhandlungen – so diese kommen – werde man hier mit der SPD hart verhandeln. Und vorher müssen sich die Grünen wohl selbst klar werden, wie flugschamhaft sie wirklich sind.