Warmwasser kaltgestellt

Das städtische Hamburger Wohnungsunternehmen Saga will einen Gebäudekomplex mit 161 Wohnungen wohl abreißen. Die Mieter*innen organisieren sich jetzt dagegen

Echt mal, liebe Saga! Mieter*innen fordern Klarheit Foto: Miguel Ferraz

Von Katharina Gebauer

Die rund 300 Mieter*innen des sogenannten „Warmwasserblocks“ im Hamburger Stadtteil Veddel fühlen sich hintergangen. In 161 Wohnungen leben sie im ersten Block der Siedlung. Doch das soll sich, wenn es nach dem städtischen Wohnungsbauunternehmen Saga geht, bald ändern. Die Saga will den Klinkerbau abreißen. Oder sanieren. Das wissen die Anwohner*innen bisher nicht.

Deshalb organisieren sie derzeit eine Initiative und kritisieren, dass sie über die geplanten Maßnahmen nicht in Kenntnis gesetzt wurden. Aus der Presse erfuhren sie im vergangenen Jahr, dass die Saga den Abriss oder die Sanierung plant. „Wir werden behandelt wie dumme Gören“, sagt die 91-jährige Elisabeth Scharlipp, die älteste Mieterin des Wohnblocks. Gemeinsam mit den anderen fordert sie Transparenz und Unterstützung. Ihre Forderungen trugen sie am Montag an die Öffentlichkeit.

Das Gebäude gehörte einst zur Baugenossenschaft freier Gewerkschafter, bis die Saga es 2015 übernahm. Viele Mieter*innen bewohnen ihre Heime noch mit den alten Verträgen zu günstigen Mieten. Doch in den vergangenen vier Jahren wurde die Miete immer wieder erhöht. Die Begründung der Saga: die Mieten liegen unter dem Mietenspiegel.

Die Bewohner*innen monieren, dass am Gebäude seit der Saga-Übernahme nur die nötigsten Instandhaltungen getätigt worden seien. Das werfe die Frage auf, ob die Saga bei der Übernahme bereits über einen Abriss nachgedacht habe.

„Ich habe ein Loch in meiner Wand“, sagt Hagen Van de Viven, der seit 19 Jahren Mieter ist. „Ich bin Nichtraucher und lüfte regelmäßig. Trotzdem bildet sich immer wieder Schimmel, dagegen kann man gar nicht anputzen.“ Zudem gebe es regelmäßig kein warmes Wasser. Die Mieter*innen fordern eine Instandsetzung.

Geschichtlich hat der „Warmwasserblock“ eine wichtige Bedeutung für den diversen und mehrsprachigen Hamburger Stadtteil Veddel. Einst war er dort einer der modernsten Bauten. Die Wohnsiedlung entstand in den 1920er Jahren. Als eines der ersten kommunalen Kleinwohnungs-Bauprojekte gehörte es der Stadt. Die Kulturbehörde stellte die gesamte Wohnsiedlung Ende 2018 unter Ensembleschutz. Das bedeutet, dass mehrere Bauten zusammen erhaltenswert sind und geschützt werden sollen.

„Gerade ein SPD-Senat sollte dieses traditionsreiche Arbeiter-Wohnquartier mit größtem Respekt behandeln“, sagt Kristina Sassenscheidt, die Geschäftsführerin des Denkmalvereins Hamburg. „Die Saga ist als städtisches Unternehmen laut Denkmalschutzgesetz zum vorbildhaften Umgang mit ihren Denkmälern verpflichtet.“ Daher solle das Wohnungsbauunternehmen den „Warmwasserblock“ auch bei höheren Kosten unbedingt erhalten.

„Wir werden behandelt wie dumme Gören“

Elisabeth Scharlipp, Mieterin

Im Februar 2019 äußerte sich die Saga laut den Mieter*innen erstmals selbst zum Abriss: Das Unternehmen versprach, dass vor Mitte 2020 nichts passieren würde, doch das beruhigt niemanden. Ein Gutachten der Saga über den wirtschaftlichen Nutzen eines Neubaus im Vergleich zu einer denkmalgerechten Sanierung des Gebäudekomplexes sei zudem im Stadtteilbeirat nicht geteilt worden. Die Sorge, dass Politik und Saga hinter dem Rücken der Bewohner*innen entscheiden, ist groß. Die Betroffenen fürchten höhere Mieten, wenn sie umziehen müssen – die sie nicht bezahlen können.

Die Saga sei sich der Verantwortung im Umgang mit historischer Bausubstanz bewusst, sagt Gunnar Gläser, Sprecher der Unternehmensgruppe. „Nach derzeitigem Kenntnisstand ist von Kosten für eine denkmalgerechte Modernisierung des Gebäudes in Höhe doppelter Neubaukosten auszugehen“, sagt er. Als Aktiengesellschaft sei man dem Gebot der Wirtschaftlichkeit verpflichtet.

Die Saga hat den Mieter*innen ein Angebot gemacht. Sie bot ihnen den Vorrang für 80 Wohnungen im benachbarten Block an. Doch für die derzeit 161 Wohneinheiten geht das nicht auf. Niemand nahm das Angebot bisher an. „Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen“, sagt Mieterin Sabrina Schmütsch. Sie und die anderen fordern eine sozialverträgliche Lösung für alle.