Real existierende Strafzinsen: Söders Pläne irritieren

Der CSU-Chef hat sein Herz für „Kleinsparer“ entdeckt, er will sie vor Negativzinsen schützen. Sein Vorstoß bringt aber nichts.

Die Hände einer älteren Frau halten ein Bündel Geldscheine

Soll man die paar Kröten, die man spart, überhaupt noch der Bank geben? Foto: unsplash/Niels Steeman

Viele Sparer sind schon lange beunruhigt, dass sie keine Zinsen mehr für ihr Geld bekommen. Doch nun nimmt die Debatte eine neue Wendung, weil Markus Söder die „Kleinsparer“ entdeckt hat: Der bayerische Ministerpräsident will einen Vorstoß im Bundesrat starten und dafür sorgen, dass es für Guthaben unter 100.000 Euro keine „Strafzinsen“ gibt.

An Söders Aktion irritiert, dass Negativzinsen längst existieren. Sie heißen nur anders, nämlich „Kontoführungsgebühren“. Fast jeder Sparer musste schon erleben, dass sein Girokonto ständig teurer wird. Oft kostet es sogar eine Gebühr, wenn man nur ganz banal einen Kontoauszug am Automaten ausdrucken will.

Auch Söders Vorstoß wird nichts daran ändern, dass die Banken irgendwie Geld verdienen müssen, wenn sie nicht in die Pleite rutschen wollen. Die Institute sitzen in der Falle, weil ihr traditionelles Geschäft weitgehend zusammengebrochen ist, seitdem die Zinsen fast bei null dümpeln. Die Banken können also kaum noch Profite machen, indem sie Darlehen vergeben. Früher waren die Girokonten kostenlos, weil sie nur als Durchgangsstation gedacht waren: Die Banken hofften, dass sie den Kunden dann weitere Produkte andienen könnten. Doch auch dieses klassische Beratungsgeschäft steckt in der Krise. Die Lebensversicherung zum Beispiel hat jeden Sinn verloren, seitdem es kaum noch Zinsen gibt. Kaum ein Kunde ist noch bereit, die hohen Abschlussgebühren zu zahlen, um hinterher ungefähr genauso viel zu erhalten, als wenn er sein Geld gleich auf dem Girokonto geparkt hätte.

Die Banken haben daher nur noch eine einzige Dienstleistung zu bieten, auf die die Kunden nicht verzichten können und wollen: Sie sind sichere Aufbewahrungsorte für das Geld. Diesen Service werden sich die Banken teuer bezahlen lassen. Schon vor Jahren wurde prognostiziert, dass die Kontoführungsgebühren perspektivisch bei 30 Euro pro Monat liegen könnten. Diesen Trend kann auch Söder nicht aufhalten.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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