Lachend ging er von der Bühne des Lebens

Der schöne „Easy Rider“ legte sich mit Ölkonzernen wie BP an und tweetete gegen Trumps Einwanderungspolitik. Peter Fonda ist tot

Peter Fonda im Wasser-Chopper Foto: Onorati/ANSA/epa/dpa

Von René Hamann

Daddy Issues. So kann man das wohl nennen, was Schauspielersohn und Schauspieler Peter Fonda, Sohn von Henry, Bruder von Jane, Vater von Bridget, Zeit seines Lebens beschäftigt hat. Über seine Mutter hingegen weiß man nur wenig. Frances Ford Seymour war noch nicht 42, als ihr Ehemann Henry ihr eröffnete, sich scheiden lassen zu wollen. Zehn Tage nach ihrem Geburtstag schnitt sie sich die Pulsadern auf.

Peter Fonda bezeichnete seinen Vater als distanziert, seinen Erwartungen konnte er nie entsprechen, er fühlte sich, wie er in einem Interview mit dem Spiegel bekannte, im Schatten dieser übermächtig scheinenden Vaterfigur. Er selbst hatte nach relativ gewöhnlichen Anfängen am Theater und in Liebesfilmen schnell den Ruf des „schwarzen Schafs“ der Familie inne. Was nicht nur an den scheinbar abseitigen Filmstoffen lag, für die sich Peter Fonda im Ausgang der sechziger Jahre zu interessieren begann. Auch sein politisches Engagement, das ihn noch bis zum Schluss umtrieb, war gemeint: Er war für den Umweltschutz aktiv, legte sich mit Ölkonzernen wie BP an und tweetete gegen Trumps Einwanderungspolitik.

Witzig ist, dass sowohl Vater als auch Sohn an entscheidenden Schnittstellen gegen das alte und für „New Hollywood“ gearbeitet haben. Während Henrys sattblaue Augen melancholisch und nachgerade todessehnsüchtig durch Sergio Leones Italowestern-Klassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) leuchteten, nahm Peter auf einem Chopper namens „Captain America“ Fahrt auf, um das alte Studiosystem zu stürzen, nämlich im Hippie-Überfilm und Vater aller Roadmovies, „Easy Rider“.

Es war ein Film über drei anarchistische Outlaws und die canyontiefen Abgründe der Freiheit, die mit Drogen und Gewalt daherzukommen pflegen. Ein Männerfilm natürlich auch, gedreht von den drei Buddies Fonda, Hopper und Nicholson; ein Film, von dem sich Peter Fonda späterhin distanzierte („Wir reden nur Unsinn in dem Film“) und der so etwas wie der zweite lange Schatten war, in dem seine Karriere stehen musste. Mit Dennis Hopper hatte er das Drehbuch verfasst, was ihm die erste von zwei Oscar-Nominierungen einbrachte, doch der einzige, der den Hippiekult zu einer Karriere in der Mitte der Filmwelt nutzen konnte, war wohl Jack Nicholson.

Peter Fonda musste länger warten und größere Schleifen ziehen, bis er für sein Spätwerk, das seniorengerechte Drama „Ulee’s Gold“ (1998) eine zweite Nominierung und immerhin einen Golden Globe erhielt. 2003 bekam er schließlich einen Stern auf dem „Walk of Fame“.

In Erinnerung behalten wird er jedoch ewiglich für seinen Auftritt in dem Motorradrocker-Schocker von 1969. Insofern ist es nahezu tragisch, dass Peter Fonda fast genau 50 Jahre nach Filmstart, fast 50 Jahre nach den Manson-Morden, genau 50 Jahre nach Woodstock und am Tag des deutschen Starts des neuen Tarantinofilms („Once Upon a Time… in Hollywood“), der sich sehr retromäßig mit diesen Jubiläen beschäftigt, gestorben ist. Zu Tarantinos Recycling des guten, alten Kinos des neuen Hollywood fand Fonda keine Verbindung mehr. Immerhin ist Tochter Bridget in Tarantinos „Jackie Brown“ (1995) zu sehen gewesen.

Dennoch wird Peter Fonda als Figur der „Gegenkultur“ in Erinnerung bleiben, nicht nur wegen „Easy Rider“ oder weil er mit den Beatles Drogen nahm. Wie seine Schwester mitteilte, ist er „lachend“ von der Bühne des Lebens gegangen, am 16. August in Los Angeles. Als Todesursache wurden die Folgen einer Lungenkrebserkrankung genannt.