Wieso der Ölpreis uns nicht schockt

Der hohe Ölpreis treibt die Kunden in seine Werkstatt. Dort baut er ihre Autos auf den billigeren Gasbetrieb um

Eigentlich hat er mit Autos nie etwas am Hut gehabt. So drückt es Michael Engler jedenfalls selber aus. Und wenn man es genau nimmt, hat der Alltag des 51 Jahre alten Diplomingenieurs auch kaum etwas mit dem zu tun, was man sich unter der Arbeit eines Chefs so vorstellt, dessen Betrieb Autos so umrüstet, dass sie nicht mit Benzin, sondern mit Autogas fahren können. Michael Englers wichtigstes Arbeitsinstrument ist nämlich keine Hebebühne und kein Schraubschlüssel, sondern neben dem Telefon und dem Internet ein großer runder Holztisch in seinem Geschäft in Berlin Pankow. „Meine Arbeit besteht hauptsächlich aus Beratung, denn in Sachen Autogas gibt es ein großes Informationsdefizit“, sagt er hastig, während er schon wieder zum Telefon springt. Das Telefon klingelt in diesen Tagen ziemlich oft. Denn der Ölpreis steigt und steigt, und die Menschen überlegen sich, ob sie nicht billiger fahren können.

Engler hat den Betrieb zusammen mit seinem Sohn Tobias vor einem Jahr aufgebaut. Der ist Kfz-Mechaniker und hatte auch die Idee dazu. Er war als Automechaniker im Ausland und wunderte sich, dass es dort anders als in Deutschland so viele Tankstellen für Autos gibt, die mit billigem Gas fahren. Doch zunächst war Michael Engler skeptisch. Er hatte zwar schon davon gehört, dass es im Zweiten Weltkrieg Autos gab, die mit Gas betrieben wurden, und auch davon, dass es so was in Italien, den Niederlanden und Frankreich gibt, aber an eine Marktlücke glaubte er anfangs nicht. Er baute erst mal mit seinem Sohn den eigenen Wagen um. Das Ergebnis überzeugte ihn. Und als dann der Benzinpreis kletterte, wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit.

Nun kommt Michael Engler mit den Aufträgen nicht mehr hinterher. „Der hohe Ölpreis arbeitet uns in die Hände“, sagt er. Grundsätzlich kann man alle Autos, die mit Benzin fahren, auf Erdgas oder Autogas umrüsten. Das kostet 2.000 bis 3.000 Euro, und ein Wagen kann dann sowohl mit Benzin als auch mit Gas fahren. Jede Woche rüstet Michael Engler jetzt drei Autos um, vorher war es nur eins.

Eigentlich müsste er Mitarbeiter einstellen und ein paar zusätzliche Hebebühnen anschaffen. Aber da sind die Neuwahlen, die die längst fällige Entscheidung über die weitere Subventionierung von Autogas verzögern. Momentan wird ein Liter Autogas mit 9,5 Cent Steuern belastet und kostet 50 bis 55 Cent an der Tankstelle. 2009 sollen es 21,5 Cent Steuern sein. Erdgas wird dagegen bis 2020 subventioniert. Das findet Engler ungerecht. Erdgas und Autogas seien im Unterschied zum Benzin gleich umweltfreundlich. „Es gab ja schon Gespräche mit dem Umweltministerium, dass man Autogas und Erdgas bis 2020 gleich besteuert. Aber jetzt beschäftigt sich die Politik mal wieder mit sich selbst und Entscheidungen werden verschoben.“

Im nächsten Jahr könnte der Benzinpreis noch einmal steigen, vermutet Michael Engler. Doch bevor sein Autogas wirklich ein Erfolg wird, muss sich die Politik einigen. Und das kann dauern.

SANDRA LÖHR