Rechte Gewalt und die AfD: Rechter Sickereffekt bemerkbar

Die AfD war schwer zu ignorieren diese Woche: Wie sie an Einfluss gewinnt, dokumentieren eindrücklich zwei Organisationen.

Drei Männer heben den Arm bei einer Abstimmung im Abgeordnetenhaus

Der AfD-Abgeordnete Hansel (Mitte) hat einem missliebigen Blogger zu Hause besucht Foto: dpa

Menschen, die rechte Parolen brüllen, Twitter und Kommentarspalten vollsiffen und nicht zuletzt gewalttätig werden, sind rassistische Arschlöcher/Lurche/Flachwurzler/Saubeutel und gehören ausgegrenzt. Das ist zwar keine neue Erkenntnis, aber offenbar noch immer nicht für alle. Wohl auch deswegen hat die Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS) diese Woche in Berlin noch einmal eindrücklich gefordert, dass die AfD als rechtsradikale Kraft ausgegrenzt gehört.

Wie es sich konkret auf den Alltag auswirkt, wenn eine Gesellschaft nach rechts rückt und die AfD immer mehr Macht bekommt, ist im Schattenbericht „Berliner Zustände 2018“ des antifaschistischen Pressearchivs (Apabiz) zu lesen. Der kam ebenfalls diese Woche heraus und bekräftigte die Forderung der AAS: Die Zahl der zivilgesellschaftlich dokumentierten rechten Gewaltvorfälle in Berlin ist pro Kopf so hoch wie nirgendwo sonst in Deutschland: 317 dokumentierte rechte Angriffe, fast jeden Tag einer. Rechte Gewalt, Hauptmotiv Rassismus, ist alltäglich.

Dazu kommt mittlerweile noch eine neue Qualität: Zunehmend bekommen zivilgesellschaftliche Initiativen und sogar traditionelle Jugendbünde Gegenwind durch den Machtzuwachs der AfD. Sowohl AAS als auch der Schattenbericht weisen darauf hin, wie Diskursverschiebung durch Rechte funktioniert, wenn diese dafür parlamentarische Ins­trumente nutzen.

Lisi Maier, die Vorsitzende des Jugendbundrings, in dem 50 Organisationen von Landjugend bis Falken vertreten sind, verwies darauf, wie bereits Jugendliche unter Rechtfertigungsdruck kommen, wenn die AfD tendenziöse Parlamentsanfragen schreibt, nach falsch verstandener Neutralität fragt und so vermeintliche linksextreme Verbindungen suggeriert – oder gleich beantragt, Fördermittel zu streichen.

Das könnte man natürlich einfach ignorieren, wenn der rechte Parlamentarismus nicht auch in die Verwaltung durchsickern und dort vorauseilendes Misstrauen nach sich ziehen würde. Und so sorgt der rechtsradikale AfDler im Parlament mit Anfragen seiner Mitarbeiter (die auch gerne mal aus dem dezidiert rechtsextremen Spektrum stammen) für die Denunziation demokratischer Bildungsstätten oder linker Jugend- und Stadtteilzentren.

Dass es dabei nicht bleibt, zeigen verschiedene Fälle: Parlamentarische Anfragen zur Diffamierung werden nicht selten ergänzt durch eigenständige Recherchen zu Einrichtungen. Dabei rücken auch Mitarbeiter*innen – sogar namentlich – zunehmend in den Fokus, wie Judith Heinmüller und Hamid Mohseni von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in ihrem Beitrag „Auf dem Weg zur autoritären Formierung“ schreiben. Ein AfD-Abgeordneter stattete etwa im September 2018 einem missliebigen Blogger einen Hausbesuch ab und filmte sogar dessen Klingelschild.

Treffend zusammen gefasst hat die rechten Bestrebungen auch ein Pankower AfDler: „Der Tag wird kommen, an dem wir diesen ganzen ökokommunistischen Sumpf trockenlegen.“ Womit wir dann wieder bei Arschlöchern/Lurchen/Flachwurzlern/Saubeuteln wären.

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