Strache erneut im Visier

Österreichische Medien hatten von Razzia und Korruptionsvorwürfen berichtet. Ex-FPÖ-Chef streitet ab

Es soll um Korruption und Amtsmissbrauch in Straches Zeit als Vizekanzler gehen

Aus Wien Ralf Leonhard

Heinz-Christian Strache ist wieder da. Nein, nicht an der Spitze der FPÖ, sondern in den Schlagzeilen. Denn seine Wohnung war am Montag Ziel einer Hausdurchsuchung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), wie österreichische Medien berichteten. Es geht demnach um Korruption und Amtsmissbrauch während seiner Zeit als Vizekanzler der Republik.

Außer für Strache interessiert sich die WKStA auch für Johann Gudenus, den ehemaligen FPÖ-Fraktionschef, den man spätestens aus dem Ibiza-Video kennt, den ehemaligen Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs und den Novomatic-Konzern. Anlass der Untersuchungen ist eine anonyme Anzeige, die detailliertes Insiderwissen – inklusive Zitaten aus Gesprächen in vertrautem Kreis – enthalten soll.

Im sogenannten Ibiza-Video, das im Mai zum Rücktritt Straches und in der Folge zum Zusammenbruch der ÖVP-FPÖ-Regierung führte, hatte der damalige FPÖ-Chef einer angeblichen russischen Oligarchin gegen Parteispenden alles Mögliche versprochen. Dabei verwies er auf andere angebliche Großspender, darunter den privaten Glücksspielkonzern: „Novomatic zahlt alle.“

Als das Video im Sommer 2017 heimlich aufgenommen wurde, war Strache noch kein Amtsträger. Deswegen ist es zweifelhaft, ob seine Zusagen strafrechtlich relevant sind. Ganz anders bei der Affäre, die jetzt die Kor­ruptionsbekämpfer beschäftigt. Dem Durchsuchungsbeschluss, der dem Radiosender Ö1 zugespielt wurde, sind brisante Details zu entnehmen: Bei einem Gespräch von Johann Gudenus mit Novomatic-Vorstand Harald Neumann sei „in enger Abstimmung mit Heinz-Christian Strache“ eine „wohlwollende Unterstützung der Novomatic durch die FPÖ ausgemacht“ worden.

Da ging es nicht nur um eine nationale Online-Gaming-Lizenz, auf die die Novomatic schon lange scharf ist, sondern auch um Spielautomaten in Wien. Die rot-grüne Stadtregierung hat vor zwei Jahren das sogenannte kleine Glücksspiel verboten. Dabei kann man am Automaten in kürzester Zeit viel Geld verlieren.

Als Gegenleistung verlangte die FPÖ laut den vorliegenden Dokumenten die Unterstützung von Novomatic für ihren Kandidaten Peter Sidlo für den Vorstand der Casinos Austria. Über dessen Besetzung entscheiden die drei maßgeblichen Aktionärsgruppen. Neben der staatlichen Holding ÖBAG (33,24 Prozent) und der tschechischen Sazka Group um den Milliardär Karel Komarek (38,29 Prozent) ist das mit 17,19 Prozent die Novomatic.

Der 36-jährige Immobilien­fachmann Sidlo wies allerdings laut einer Personalberatungsagentur nicht die notwendigen Qualifikationen auf. Das entsprechende Gutachten sollte daher unter Verschluss gehalten werden.

Der ehemalige FPÖ-Finanzstaatssekretär Fuchs kommt ins Spiel, weil er bei einem Treffen in London den Deal mit Novomatic-Eigentümer Johann Graf verabredet haben soll. Fuchs bestätigte zwar die Teilnahme an einer Glücksspielmesse in London, doch sei es dort nicht um die Vergabe von Lizenzen gegangen.

Strache selbst sieht sich wieder als unschuldiges Opfer: „Ich habe mir keinerlei Verhalten – weder in diesem, noch in anderen Zusammenhängen – vorzuwerfen, das den Straftatbestand der Bestechlichkeit erfüllt.“ Auffällig ist allerdings, dass die FPÖ-Führung auf Distanz ging. Von der neuen Spitze sei niemand betroffen, so eine knappe Verlautbarung. Hubert Fuchs sitzt allerdings auf einem sicheren Listenplatz für die vorgezogenen Nationalratswahlen am 29. September.