Test der Verbraucherzentrale: Wenig Natur in Naturkosmetik

Die Verbraucherzentrale wirft Kosmetikherstellern Schummeleien bei Pflegeartikeln vor. Der grüne Anstrich mancher Verpackung führt oft in die Irre.

Ein Regal voller Pflegeprodukte

Schöne Verpackungen täuschen oft über die Inhaltsstoffe hinweg Foto: reuters

BERLIN taz | Das Shampoo „Nature Box“ in der hellgrünen Flasche wirkt besonders umwelt- und gesundheitsverträglich. „Mit 100 % kaltgepresstem Avocado-Öl“, heißt es auf dem Etikett. Auch dass das Haarwaschmittel frei von Sulfaten, Silikonen und Parabenen ist, wird extra betont. Doch von einer echten Naturkosmetik kann nicht die Rede sein. Die Aufmachung „weckt falsche Erwartungen“, stellt die Verbraucherzentrale Hamburg (VZ) fest. Denn der Inhalt entspreche keinem Naturkosmetikstandard.

Das räumte auch der Hersteller Schwarzkopf & Henkel gegenüber den Verbraucherschützern ein. Es handele sich um eine „von der Natur inspirierte, positive Lifestyle-Marke“, schrieb das Unternehmen auf eine Anfrage und verwies auf die Bedürfnisse der Verbraucher, „die sich eine effektive Beautypflege von außen und ein positives Gefühl von innen heraus wünschen.“ Derlei Marketing ist nach Einschätzung der Hamburger Verbraucherschützer keine Ausnahme. Die Hersteller herkömmlicher Pflegeartikel würden ihre Produkte zunehmend in Naturoptik und mit Bio-Wortwahl vermarkten, ohne entsprechende Zertifikate für Naturkosmetik vorzuweisen.

Die Verbraucherzentrale hat 16 vermeintliche Naturkosmetika von Cremes über Lotionen und Shampoos überprüft und darin oft flüssige Kunststoffe oder synthetische Zutaten gefunden. Der Trend zur Natur als Werbebotschaft sei nicht neu, erläutert VZ-Expertin Silke Schauer, „doch mit dem wachsenden Markt gibt es immer mehr Trittbrettfahrer“. In vielen Produkten, deren Aufmachung ökologisch ist, steckten Mineralölbestandteile, Parabene oder Silikone. Das Problem: Es gibt keine einheitlichen gesetzlichen Vorgaben für Naturkosmetik. Das solle die Politik ändern, sagt Schauer: „Wir müssen der Täuschung im Drogeriemarkt ein Ende setzen.“ Die konkreten Ergebnisse der Stichprobe hat die Verbraucherzentrale im Internet veröffentlicht.

Tricks sind in der Branche verbreitet

Insbesondere drei Maschen sind in der Branche verbreitet. So verwenden die Hersteller gern das Wörtchen „Bio“ im Markennamen. Die Inhaltsstoffe sind dann oft aber gar nicht natürlichen Ursprungs. Diese Irreführung ist erlaubt. Zweiter Trick ist der Hinweis auf pflanzliche Zutaten. Die Verpackung ist grün oder mit Pflanzenbildern bedruckt. Es wird auf natürliche Pflegeöle verwiesen oder deklariert, dass ein Mittel „frei von“ irgendwelchen unbeliebten Stoffen ist.

Mit dem Hinweis auf „natürliches Wasser“ erweckt die Industrie gern den Eindruck, dass viel Natur in der Flasche steckt. Dank einer europaweiten Norm darf sie Wasser den natürlichen Inhaltsstoffen zuordnen. Bei einer Feuchtigkeitspflege mit einem Wasseranteil von 63 Prozent konnte der Hersteller den Anteil der natürlichen Zutaten auf 97 Prozent anheben.

„Ein vertrauenswürdiges Label könnte den Verbrauchern beim Einkauf von Kosmetik- und Pflegeprodukten helfen, nicht auf die Maschen der Hersteller hereinzufallen“, glaubt Schauer. Siegel gibt es zwar bereits, doch rund 30 verschiedene Labels sind ihrer Meinung zu viel und bieten den Kunden keine Orientierung.

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