Das Phänomen Greta Thunberg: Die bessere Realpolitik

Was weder Regierungen, Wissenschaftlern noch Öko-Verbänden gelang, hat Greta Thunberg geschafft: das Thema Klima oben auf die Tagesordnung zu setzen.

Greta Thunberg vor der Tagebaugrube am Hambacher Forst

Untypischer Teenie-Star: Greta Thunberg Foto: ap

Greta Thunberg sticht in See. Und trifft offenbar bei vielen einen Nerv. Die 16-jährige Schülerin aus Stockholm, die seit einem Jahr ihren ganz privaten „Schulstreik fürs Klima“ begonnen hat, ist zur Galionsfigur der Fridays-for-Future-Bewegung geworden, die die Politik vor sich hertreibt. Und das, obwohl die junge Schwedin mit ihrer widerborstigen Botschaft an die Erwachsenen („Ich will, dass ihr Panik bekommt“) so überhaupt nicht in die Rolle eines Teenie-Stars passt.

Oder vielleicht gerade deswegen. Was weder den Regierungen noch den Wissenschaftlern noch den Öko-Verbänden gelungen ist, Greta Thunberg hat es geschafft: das Klimathema international auf die Tagesordnung zu setzen, wo es hingehört. Sie redet direkt und einfach, beharrt auf schlichten Wahrheiten, verweigert sich den Sachzwängen und macht die Elterngeneration verantwortlich.

All das mag manchem ein bisschen zu einfach sein. Um die Welt aus ihrer Abhängigkeit von den fossilen Energien zu lösen, braucht es eine umfassende Strategie. Nach New York zu segeln, wie Thunberg es nun tut, ändert nichts an der weltweiten CO2-Bilanz.

Aber darum geht es nicht. Greta Thunberg klagt zu Recht die nicht mal halbherzige Klimapolitik der letzten Jahre an: große Ziele beschließen, während die Emissionen weiter steigen. Wenn das Realpolitik war, ist die Maximalforderung nach dem schnellen Ende der Fossilen die vernünftigere Alternative. Ohne das Versagen der internationalen Politik wäre Greta Thunberg nicht der Star der kommenden Generationen, sondern ein unbekanntes Schulkind.

PolitikerInnen und UnternehmerInnen könnten ganz einfach das Phänomen „Greta“ entzaubern. Sie müssten nur anfangen, ernsthaft Klimaschutz zu betreiben

PolitikerInnen und UnternehmerInnen, die sich über die Schwedin ärgern, könnten ganz einfach das Phänomen „Greta“ entzaubern. Sie müssten nur endlich anfangen, ernsthaft und radikal Klimaschutz zu betreiben. Der 20. September, das Datum des Klimakabinetts, wäre die deutsche Gelegenheit dazu. Drei Tage später können die versammelten Regierungschefs bei der UNO in New York konkrete Pläne auf den Tisch legen. So ließen sich Greta Thunberg und die junge Generation gern den Wind aus dem Segel nehmen.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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