Anna Lehmann über Dreyers Bekenntnis zur Koalition mit der Linkspartei
: Die plumpe Anmache der SPD

Die Verzweiflung in der SPD muss groß sein. Anders ist nicht zu erklären, dass führende SPD-Po­li­ti­ker*innen sich mit dem Gedanken anfreunden, künftig mit der Linkspartei im Bund zu koalieren. Und dies auch öffentlich zu äußern, so wie nun die kommissarische Parteivorsitzende Malu Dreyer.

Aus linker Sicht ist ein rot-rot-grünes Bündnis ganz klar erstrebenswert. Aber man darf Dreyers Äußerungen nicht zu hoch hängen. Ein klares Bekenntnis zu einem rot-rot-grünen Regierungswechsel ist es nicht. Denn zum einen hat die SPD schon 2013 auf ihrem Bundesparteitag beschlossen, Koalitionen mit der Linkspartei nicht mehr auszuschließen. Kurze Zeit später trat sie in eine Große Koalition mit der Union ein und ließe die rot-rot-grüne Mehrheit im Bundestag vier Jahre lang ungenutzt.

Damals lag sie immerhin noch über 25 Prozent, während sie sich jetzt in Umfragen der 10-Prozent-Marke nähert. Die Besinnung auf andere Koalitionspartner wirkt angesichts schwindender Machtoptionen nun wie ein plumper Annäherungsversuch in der Dorfdisko. Die stolze SPD ist bereit für ein Tänzchen mit dem grauen Linksparteimäuschen und den spleenigen Grünen.

Doch derzeit fehlt sowieso sowohl diese arithmetische Mehrheit als auch das gemeinsame rot-rot-grüne Projekt. Was würde sich eigentlich ändern, wenn SPD, Linke und Grüne gemeinsam regierten? Würde die krasse Ungleichverteilung der Vermögen umgedreht, das Klima gerettet, würden die Grenzen offener? Bis auf ein unermüdliches Häuflein Hinterbänkler, die sich alle paar Monate treffen und Gemeinsamkeiten ausloten, haben sich führende SPD-Politiker darüber bisher kaum Gedanken gemacht, zumindest nicht öffentlich.

Ende August will die SPD ihr Konzept für eine Vermögensteuer vorlegen. Vielleicht kann das die Grundlage auch für eine inhaltlichen Debatte über Rot-Rot-Grün sein. Dann müssten die Sozialdemokraten nur noch den Gedanken akzeptieren, dass sie ein Dreierbündnis nicht anführen, sondern vielleicht eine grüne Kanzler*in stützen müssten. So weit sind sie aber noch nicht.