Studis wollen leben

Das Land gibt Geld für die Sanierung der Marienburg, aber nicht von Studentenwohnheimen, kritisieren die niedersächsischen Asten. Das Wissenschaftsministerium widerspricht

Grade am Anfang des Semesters ein Problem: Knapper Wohnraum in Studentenstädten Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Von Reimar Paul

Immer höhere Mieten in den Wohnheimen der Studierendenwerke, immer höhere Preise für das Mensa-Essen, immer höhere Semesterbeiträge: Niedersachsens Studierendenvertretungen reicht es. Statt – wie sie sagen – „versteckter Studiengebühren“ fordern sie mehr Geld vom Land für Baumaßnahmen an den Wohnheimen und eine solide Finanzierung der Studierendenwerke.

Die fünf niedersächsischen Studierendenwerke betreiben Wohnheime, Mensen und Cafeterien. Sie beraten Studierende in wirtschaftlichen, rechtlichen und kulturellen Fragen und unterstützen sie bei der Betreuung ihrer Kinder mit eigenen Kitas. Auch BaföG-Anträge können dort gestellt werden. Für Studierende mit Handicaps und chronischen Krankheiten gibt es besondere Angebote.

Im Haushalt des Bundeslandes für 2020 sei trotz großen Sanierungsstaus wieder kein Geld für die Renovierung von Wohnheimen eingeplant, bemängeln die Asten (Allgemeine Studierendenausschüsse) der niedersächsischen Universitäten und Hochschulen. Neue Wohnheime müssten gebaut und alte renoviert werden. Die Studierendenwerke dürften selbst keine ausreichenden Rücklagen für die Sanierung der Gebäude bilden. Zugesagte Förderungen der Landesregierung seien jedoch ausgeblieben.

Die Asten verweisen darauf, dass die Studierendenzahlen in Niedersachsen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind. Nach offiziellen Angaben von knapp 138.000 im Wintersemester 2007/08 auf etwa 211.000 im vergangenen Wintersemester – ein Anstieg von mehr als 50 Prozent. „Was in den letzten Jahren nicht gestiegen ist, ist die Finanzhilfe des Landes Niedersachsen für die Unterbringung der immer mehr werdenden Studierenden“, bemängeln die Asten in einer gemeinsamen Erklärung.

Landeswissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) habe Ende 2017 ein Sonderprogramm angekündigt, um die Studierendenwerke finanziell zu unterstützen. Tatsächlich gebe es bis heute kein solches Programm und damit keine Zuschüsse. Die Studierendenwerke seien daher gezwungen, die Sanierung der Gebäude durch teure Kredite selbst zu finanzieren.

Somit werde den Studierenden das Geld aus der Tasche gezogen: Während der Beitrag für das Studierendenwerk in München bei 62 Euro und in Stuttgart bei 55 Euro liege, werde er im kommenden Wintersemester beispielsweise in Hannover, Göttingen und Braunschweig über 100 Euro betragen, ermittelten die Asten.

„Das Land zieht sich aus seiner Verantwortung zurück, die Studierenden werden immer mehr zur Kasse gebeten“, sagt Felix Isensee, Asta-Vorstand der TU Braunschweig. Der Asta der Uni Hannover befürchtet gar, dass ohne ein Sofortprogramm und eine Aufstockung der Mittel der Studierendenwerke ein ganzes Modell samt seiner Funktion für den universitären Betrieb mindestens in Schieflage gerät – „wenn es nicht sogar droht, zu kippen“.

„Wo 13,5 Millionen Euro für die Sanierung der Marienburg verfügbar sind, sollte auch eine solide Finanzierung der StuWerke möglich sein“, meint Asta-Sprecher Nils Heidenreich. Im Haushalt des Landes seien für die nächsten Jahre 13,5 Millionen Euro für die Sanierung des königlichen Schlosses bei Hannover geplant – für die Renovierung von Wohnheimen für Studierende nichts.

„Das Land Niedersachsen zieht sich aus seiner Verantwortung zurück“

Felix Isensee, Asta Braunschweig

Die Marienburg ist teilweise von Schwamm befallen, Erosion bedroht die Standfestigkeit. Der Bund gibt ebenfalls 13,6 Millionen Euro. Diese mussten vom Land gegenfinanziert werden. Ernst August von Hannover junior will das Schloss zum 1. Januar 2020 in eine gemeinnützige Stiftung überführen.

Die Kritik kann die Landesregierung nicht nachvollziehen. Sie unterstütze die Studierendenwerke nachhaltig, sagte die Sprecherin des Wissenschaftsministeriums, Anna Teschner, gestern der taz. Sie bekämen in diesem Jahr insgesamt 16,3 Millionen Euro zur Erfüllung ihrer Aufgaben – ohne Zweckbindung. Mit einem durchschnittlichen Anteil von rund elf Prozent an den Einnahmen der Studierendenwerke liege Niedersachsens Finanzhilfe damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 9,1 Prozent. Auch erstatte das Land den Studierendenwerken ihre Aufwendungen für die BaföG-Verwaltung – 2018 seien das rund 10,5 Millionen Euro gewesen.

2017 und 2018 hat das Land Teschner zufolge zudem 11,5 Millionen Euro für die gezielte Schaffung von zusätzlichen Wohnheimplätzen überwiesen. Damit habe es für 509 neue Wohnheimplätze in Niedersachsen eine Zuschussförderung gegeben. In Göttingen beispielsweise hätten 64 von insgesamt 264 Plätzen eines Neubaus profitiert. Die weiteren 200 Plätze würden mit Kreditmitteln des Landes sowie aus Mitteln der sozialen Wohnraumförderung des Landes in Höhe von rund 19 Millionen Euro gefördert.

Teschner betonte, dass die Studierendenwerke ihre Wohnheime kostendeckend bewirtschaften und die Bauunterhaltung und Sanierung eigenverantwortlich wahrnehmen müssten. Dafür seien aus den Mieteinnahmen Rücklagen zu bilden.