berlinmusik
: Gut für den Magen

Max Rieger ist unausgelastet. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Sänger und Gitarrist der Noiserock-Band Die Nerven nebenbei stets neue Projekte aus der Taufe hebt. Etwa das super Soloprojekt All diese Gewalt. Oder das Experimental-Trio Jauche, mit dem er beim diesjährigen Pop-Kultur-Festival zu hören sein wird. Und dann das Black-Metal-Projekt Obstler, mit dem er 2016 erstmals in Erscheinung trat. Schon damals überzeugte der humoristische Ansatz (die EP hieß „Heil Luzifer“ und ein Titel lautete „I Went to Scandinavia once and I liked it“), und jetzt geht die fröhliche Teufelshuldigung mit dem Minialbum „Demonji“ weiter.

Zunächst gibt’s ein Blockbuster-Intro, dann begrüßt Rieger den Black Metal wie einen alten Freund: „Welcome Back, Satan!“.Es folgen Gitarren-Gewumse, Gekreische und Geprügel – die entsprechenden Drums steuert Juli-Schlagzeuger Marcel Römer bei. Als zweiter prominenter Gast taucht gegen Ende Max Gruber alias Drangsal auf, der in „Hell Awaits“ den Gesangspart übernimmt. Die acht Stücke sind nicht bis ins letzte ausgefeilt, meist sind Songskizzen zu hören – so kurz wie hier dürften Black-Metal-Stücke selten gewesen sein. Aber das muss so sein, denn die Songs gehen rein wie Obstwasser: Sie sind kurz, süßlich-bitter im Abgang – und dringen in die Tiefen des Magens vor.

Auch die Musik der Band Nadja erreicht die Magengegend. Nadja ist die Drone-/Metal-/Ambient-Band des kanadischen Paars Aidan Baker und Leah Buckareff, die seit 2003 aktiv sind und deren Schaffen mit dem Attribut „umtriebig“ nur unzureichend beschrieben ist. Über zwanzig Alben hat das Duo veröffentlicht, Baker ist in zahlreichen anderen Konstellationen tätig.

Mit „Desire In Uneasiness“, ursprünglich von 2008, erscheint nun ein Album neu, das auf Tonträger gut die Qualitäten wiedergibt, die von Nadja live bekannt sind: Wummernde Synthesizer- und Gitarren-Soundflächen, die in Tempo, Rhythmus und Tonhöhe oft kaum variieren, die aber gerade durch das Spiel mit den Nuancen spannend bleiben. So taucht man in diese mehr als sechzig Minuten Musik so gern ein und ab wie in das Schwimmbecken, das auf dem Cover zu sehen ist.

Jens Uthoff

Obstler: „Demonji“ (Martin Hossbach) / Nadja: „Desire In Uneasiness“ (Dirter Promotions), live: 11. 8., Freiluftkino Pompeji