Kritik an Krankenhauskonzern Asklepios: Nur für profitable Patient*innen

Mitarbeiter*innen der Rheumatologie an der Asklepios Klinik Altona kündigen offenbar reihenweise. Aus Sicht des Konzerns ist alles halb so schlimm

Der Eingang der Asklepios Klinik Altona

Die Rheumatologie der Asklepios Klinik Altona wurde „organisatorisch umgebaut“ Foto: dpa

HAMBURG taz | Immer wieder steht der private Krankenhauskonzern Asklepios in der Kritik. Das neueste Beispiel: Die Situation der rheumatologischen Abteilung an der Asklepios-Klinik Altona. Dort hätten innerhalb weniger Monate fast alle Fach- und Assistenzärzt*innen gekündigt. So steht es in einem anonymen Schreiben, das der taz zugeschickt wurde. Pflegekräfte der Rheuma-Ambulanz hätten die Klinik bereits verlassen. Die Verfasserin arbeitet nach eigenen Angaben in der Klinik.

Die Rheuma-Abteilung breche nun auseinander, weil „aufgrund von Managementfehlern der Personalplaner“ die freien Stellen nicht nachbesetzt würden. Asklepios’ Ziel sei offenbar, die Abteilung zu schließen, weil sie nicht genug Profit abwerfe.

Die Mitarbeiterin berichtet auch über die Suspendierung der Chefärztin. Nachdem diese gekündigt hatte, sei ihr befohlen worden, Dienste in der Notaufnahme zu machen. „Als sie ablehnte, wurde sie suspendiert, was sie daran merkte, dass bei Dienstantritt am nächsten Tag ihr Computeraccount gelöscht war“, schreibt die anonyme Mitarbeiterin.

„Die haben das richtig an die Wand gefahren“

Peer Aries, der Vorsitzende des Hamburger Landesverbandes der Deutschen Rheumatologen, sagt, die ehemalige Chefärztin sei leidensfähig gewesen. „Aber ihr wurden unverschämte Dinge zugemutet.“ Die Chefärztin habe mit weniger Personal für mehr Patient*innenzahlen sorgen sollen.

Die Chefärztin selbst will sich nicht öffentlich äußern, da sie noch einen bestehenden Arbeitsvertrag hat. Andere Ärzte der Abteilung waren für die taz nicht zu erreichen.

2005 verkaufte Hamburg unter der CDU 74,9 Prozent ihrer Anteile am Landesbetrieb Krankenhäuser an Asklepios, obwohl die Hamburger*innen in einem Volksentscheid dagegen gestimmt hatten.

Die Stadt hält zwar 25,1 Prozent der Anteile, hat aber auf fast alle Mitspracherechte verzichtet. Der Deal wurde von vielen Seiten kritisiert.

Bürgermeister Peter Tschen­tscher (SPD) sprach vor Kurzem im taz-Interview von einer schlechten Entscheidung mit „eindeutig negativen Folgen“.

Mitarbeiter*innen beklagten schon häufiger Überlastung und die Gefährdung von Patient*innen.

Der ehemalige Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, kritisierte Asklepios ebenfalls öffentlich.

Dass eine Chefärztin geht und eventuell auch Mitarbeiter*innen mitnimmt, sei normal und okay, findet Aries. „Problematisch ist, dass sie ohne einen Plan B einfach freigestellt wurde.“ Asklepios habe die Abteilung damit von heute auf morgen leer laufen lassen, „die haben das richtig an die Wand gefahren“, sagt Aries. Das sei typisch für den Klinikkonzern, aber nicht notwendig gewesen. Laut Aries lief die Abteilung gut. Die Renditevorstellungen des Konzerns seien aber mit einer Rheumatologie nicht vereinbar.

Die Auswirkungen spüren offenbar auch die Patient*innen. „Es herrscht große Unsicherheit“, sagt Freya Willer-Westrich. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes der Deutschen Rheumaliga, der Interessenvertretung für Rheumakranke. Sie habe gehört, dass Patient*innen, die in Altona anrufen, niemanden erreichen oder abgewiesen würden und dass ihnen geraten werde, sich lieber einen anderen Arzt zu suchen.

Das Problem dabei: Eine spezielle Station für Rheumatologie gab oder gibt es nur in Altona. Außerdem gab oder gibt es dort Sprechstunden für seltene Rheuma-Erkrankungen. Zwar wird die Krankheit meist ambulant behandelt, aber in akuten Schüben kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein. Das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) versorgt auch Rheumapatient*innen, allerdings hauptsächlich, wenn diese schwerst erkrankt sind und intensiver Behandlung bedürfen.

Alles halb so schlimm?

Derzeit wenden sich vermehrt Rheumapatient*innen an die Klinik, sagt eine UKE-Sprecherin. Das UKE könne der vermehrten Nachfrage derzeit nachkommen. Die Klinik plane auch, eine Kooperation mit der Rheuma-Abteilung des schleswig-holsteinischen Klinikums Bad Bramstedt auszubauen.

„Es kann nicht sein, dass es in einem Stadtstaat keine Betten für mittelschwere Patienten gibt“, findet Peer Aries. Inwiefern die Abteilung in Bad Bramstedt den Hamburger Patient*innen helfe und die entstandene Lücke schließe, müsse sich zeigen.

Aus Sicht von Asklepios ist offenbar alles halb so schlimm. Nachdem die taz am Dienstag Fragen über die Situation in Altona stellte, veröffentlichte der Konzern am Donnerstag eine Pressemitteilung. Demnach soll die Rheuma-Abteilung erhalten bleiben. „Durch die personellen Veränderungen mussten wir die Abteilung jedoch organisatorisch umbauen“, heißt es. Sie sei nun Teil der Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin. Die rheumatologischen Patient*innen würden vom bisherigen leitenden Oberarzt und Rheumatologen versorgt. Nach taz-Informationen verlässt der allerdings auch demnächst das Krankenhaus.

Asklepios bestätigt die Freistellung der Chefärztin. Zu den Gründen schwieg der Konzern genauso wie zu den Fragen der weiteren Kündigungen und Nachbesetzungen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.