Neuregelung der Grunderwerbsteuer: Scholz will Share Deals erschweren

Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung könnte die Spekulation auf dem Wohnungsmarkt eindämmen. Die Unionsfraktion ist aber skeptisch.

Zwei Fenster in einer giftgrünen Hausfassade

Olaf Scholz hat sich mit den Ländern wohl nur auf eine Minimallösung einigen können Foto: Unsplash/Daniel von Appen

BERLIN taz | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Eindämmung sogenannter Share Deals beschlossen. Damit soll eine Praxis eingedämmt werden, deren Ziel es ist, die Grunderwerbssteuer beim Kauf von Grundstücken und Häusern zu sparen.

Bisher fiel keine Grunderwerbsteuer an, wenn kein komplettes Grundstück erworben wurde, sondern weniger als 95 Prozent der Anteile an einem Unternehmen, das dieses Grundstück hielt. Unternehmen bleiben daher oft knapp unter diesem Anteil, um die Steuer zu sparen. In Zukunft wird nach den Plänen der Bundesregierung schon ab einem Erwerb von 90 Prozent Unternehmensanteilen die volle Grunderwerbsteuer fällig. Zudem können Firmen erst nach zehn statt wie bisher nach fünf Jahren die restlichen Anteile an einem Grundstück steuerfrei erwerben.

Die Möglichkeit von Share Deals sind einer der Gründe für den überhitzten Wohnungsmarkt in Deutschland. Die Grunderwerbsteuer dient auch dazu, den schnellen Weiterverkauf von Häusern und Grundstücken zu Spekulationszwecken zu erschweren.

Nach Angaben der Grünen wurden zwischen 1999 und 2017 aber zwei Drittel des Wohnungsportfolios mit mehr als 800 Wohneinheiten als Share Deal verkauft. Bei der Hälfte davon wurden weniger als 95 Prozent der Anteile erworben. Laut Grünen entgeht dem Staat damit jährlich rund eine Milliarde Euro, rund zehn Prozent des Gesamtaufkommens der Grunderwerbsteuer.

Außerdem wird über Share Deals das Vorkaufsrecht von Städten und Gemeinden ausgehebelt: Wo kein komplettes Haus den Besitzer wechselt, sondern nur Anteile, haben die Kommunen keine Eingriffsrechte. Share Deals erleichtern auch den Erwerb großer Landwirtschaftsflächen, das sogenannte Landgrabbing.

Auch Chemiekonzern BASF gegen Neuregelung

Linke und Grüne sind allerdings skeptisch, ob der jetzige Entwurf, den Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegt hat, das parlamentarische Verfahren unbeschadet übersteht. Ursprünglich war die neue Share Deals-Regelung als Teil des Jahressteuergesetzes geplant. Jetzt wurde sie herausgelöst.

„Damit droht im schlimmsten Fall eine Beerdigung“, sagte Fabio de Masi, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Zu der Frage, warum die Regelung aus dem Jahressteuergesetz herausgelöst wurde, wollte eine Sprecherin des Finanzministeriums keine Stellung beziehen.

Als Bestandteil des Jahressteuergesetzes wäre die Share-Deals-Regelung Teil einer Paketlösung gewesen, die von den Regierungsfraktionen üblicherweise nicht mehr grundlegend aufgeschnürt wird. Jetzt kündigte Andreas Jung, Vizefraktionschef der Union, eine Prüfung des Gesetzentwurfs an: Die Herauslösung ermögliche „die notwendige intensive Beratung“, sagte er der FAZ.

Auch der Chemiekonzern BASF äußerte sich in der Zeitung gegen die Neuregelung, weil die Grunderwerbsteuer zukünftig fällig würde, wenn 90 Prozent der BASF-Aktien innerhalb von zehn Jahren den Besitzer wechselten.

Lisa Paus, Grünen-MdB

„Auf Druck der Immobilienlobby wird das Steuerschlupfloch vorerst nicht wirksam geschlossen“

Ohnehin hätte man sich bei Linken und Grünen eine weitergehende Regelung gewünscht. „Auf Druck der Immobilienlobby wird das Steuerschlupfloch vorerst nicht wirksam geschlossen“, sagte Lisa Paus, Grüne Sprecherin für Finanzpolitik. „Bei der Reform der Share Deals hat sich Olaf Scholz mit den Ländern auf eine Minimallösung verständigt.“

Die Grüne Bundestagsfraktion hatte im März ein Gutachten vorgelegt, wonach Share Deals schon ab 50 Prozent besteuert werden könnten, falls die Besteuerung anteilig erfolgt und nicht wie bei der jetzigen und zukünftigen Regelung zum vollen Steuersatz. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt das Gesetzgebungsverfahren schon im Gange, so dass sich auch Länder wie Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, in denen die Grünen die Finanzministerinnen stellen, skeptisch über den Vorschlag ihrer Berliner Kollegen äußerten.

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