Boko Haram in Nigeria: Feuer frei auf Trauergemeinde

Pünktlich zum 10. Jahrestag ihres Krieges begeht Nigerias islamistische Terrorgruppe Boko Haram eines ihrer größten Massaker seit Monaten.

Brennende Trümmer

Das nigerianische Dorf Badu nach dem Angriff Foto: dpa

BERLIN taz | Zehn Jahre nach Beginn ihres Kampfes hat Nigerias islamistische Rebellengruppe Boko Haram ihre Schlagkraft erneut brutal unter Beweis gestellt. 65 Menschen wurden amtlichen Angaben zufolge am Samstagmittag getötet, als Kämpfer der Terrorgruppe das Dorf Badu im Nordosten Nigerias überfielen und das Feuer auf eine Trauerprozession eröffneten.

23 Menschen starben bei diesem Massaker. Berichten zufolge machten sich die Dorfbewohner danach auf die Jagd nach den Angreifern und es wurden weitere 42 von ihnen getötet.

Muhammed Bulama, Vorsitzender des Kreisrats von Nganzai, in dem Badu liegt, bezeichnete den Überfall als Racheangriff. Boko Haram habe Badu bereits vor zwei Wochen überfallen und sei dann von den Dorfbewohnern zurückgeschlagen worden. Diese hätten elf Terroristen getötet und zahlreiche Waffen erbeutet.

Nigerias Präsident Muhammadu Buhari erklärte am Sonntag, Boko Haram werde einen „hohen Preis“ für das Massaker zahlen. „Diese Regierung ist entschlossen, der terroristischen Bedrohung ein Ende zu setzen“, sagte Buhari. Armee und Luftwaffe seien bereits auf der Suche nach den Angreifern.

Nie wirklich besiegt

Das ist alles eher peinlich für einen Präsidenten, der 2015 mit dem Versprechen gewählt worden war, Boko Haram zu besiegen, und der dieses Jahr wiedergewählt worden ist.

Boko Haram war vor genau zehn Jahren in den Untergrund gegangen: Ende Juli 2009 stürmte die Armee das damalige Hauptquartier von Boko Haram in der nordostnigerianischen Provinzhauptstadt Maiduguri und tötete den Anführer Mohammed Yusuf sowie Hunderte seiner Anhänger.

Unter Führung des radikalen Yusuf-Schülers Abubakar Shekau wandelte sich Boko Haram danach von einer religiösen Sekte zu einer bewaffneten Gruppe und übernahm ab 2013 zunehmend die territoriale Kontrolle im besonders armen Nordostnigeria.

Angesichts der Ausbreitung des Krieges in benachbarte Gebiete von Kamerun, Tschad und Niger taten sich schließlich die Armeen aller Länder zusammen, und mit dem Wahlsieg des früheren Militärherrschers Buhari in Nigeria 2015 wurden auch die nigerianischen Streitkräfte deutlich effektiver.

Doch endgültig besiegt wurde Boko Haram nie. Teile davon schlossen sich dem „Islamischen Staat“ (IS) an. Das oft brutale Vorgehen von Nigerias Armee sorgte für neue Rekruten, während sich die Bevölkerung insgesamt alleingelassen fühlt.

„Nach zehn Jahren hat der Boko-Haram-Aufstand einen Keil zwischen die Menschen getrieben“, bilanziert die nigerianische Zeitung Premium Times: „Er hat kulturelle Normen erschüttert und die Gesellschaft verändert. Misstrauen, Angst und Frust bestimmen den Alltag.“

Der Krieg hat in zehn Jahren 30.000 Tote und zwei Millionen Flüchtlinge produziert. Allein dieses Jahr sind 134.000 Binnenvertriebene dazugekommen.

„Jede Woche fliehen Menschen vor Gewalt und Unsicherheit im Nordosten Nigerias. Viele lassen sich an Straßenrändern oder auf dem freien Feld nieder“, bilanziert der Norwegische Flüchtlingsrat NRC.

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