Reform der Öffentlich-Rechtlichen: Rundfunkpolitik im Nirwana

Eigentlich sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk reformiert werden, passiert ist bisher aber nichts. Die AfD freut sich.

Ein Smartphone zeigt die Internetseite für die Zahlung des Rundfunkbeitrags

Der Rundfunkbeitrag soll an die Inflationsrate oder den Verbraucherpreisindex gekoppelt werden Foto: dpa

Bevor alle in den Sommer entschwinden, müssen wir noch mal kurz medienpolitisch werden. Ja, ich weiß, es ist zäh und endet sowieso immer mit dem Tod oder zumindest unbefriedigend. Dieses Mal besonders. Denn ursprünglich sollte ja in diesem Jahr nicht weniger als eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stattfinden. Die Medien­politik hatte sich unter dem Slogan „Auftrag und Struktur­optimierung“ einen Reformkurs verordnet, der mehr sein wollte als die nächste steckenbleibende Sparnovelle. Doch der anfängliche Elan war trügerisch.

Aktuell scheint sogar das wenige Erreichte ins Nirwana verschleppt zu werden: Entscheidungen, die eigentlich schon Ende 2018 hätten getroffen werden sollen, kamen im Sommer 2019 immer noch nicht ins Ziel. Die MinisterpräsidentInnen der Länder als Gralshüter der Medienpolitik vertagten sich im Juni mal wieder. Offiziell will man sich noch mit ein paar Experten darüber austauschen, ob denn eine Indexierung – also eine automatische Steigerung etwa als Inflationsausgleich – des Rundfunkbeitrags Sinn machen könnte. Nicht dass sich hier alle dazu berufen Fühlenden nicht längst ausgemährt hätten. Es wäre Zeit, mal was zu entscheiden.

Doch auch bei der nächsten Zusammenkunft der Länder-Regierenden Mitte September dürfte daraus nichts werden. Denn Sachsen und Brandenburg haben da gerade erst gewählt. Und Thüringen wählt im Oktober – mitten in der heißesten Phase des Wahlkampfs an ungeliebten Dingen wie dem Rundfunkbetrag rumzuschrauben dürfte bei den thüringischen Parteien eher mal Fluchtreflexe auslösen.

Hier ist der zu erwartende Zuwachs der AfD und ihr damit steigender Einfluss auf die Medienpolitik übrigens noch gar nicht eingepreist. Laut Umfragen liegt die Partei in Sachsen mit der regierenden CDU mindestens gleichauf, in Brandenburg sieht es ähnlich aus. In Thüringen sind Linke und CDU zwar stärker. Doch gerade in Sachsen und Thüringen stellt sich angesichts der mauen Werte für die SPD die Koalitionsfrage, weil es selbst für eine Große nicht mehr reichen dürfte. 2019 könnte so als das Jahr in die Mediengeschichte eingehen, in der sich die föderal verfasste, auf Einstimmigkeit basierende Medien- und Rundfunkpolitik in Deutschland selbst abschafft.

Gerade die Frage nach dem Abschneiden der AfD zeigt das ganze Dilemma: Die Länder haben sträflich versäumt, eine tatsächliche Debatte über Sinn, Zweck und Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anzuzetteln. Jetzt versteift sich die Diskussion wieder allein auf den Rundfunkbeitrag und alle kriegen Pickel. Das spielt, ob man will oder nicht, der AfD in die Hände. Die hat zwar gar kein medienpolitisches Programm, weiß aber, was sie auf keinen Fall will: einen starken, unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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