herr k. macht einen aufguss
: Kugeln, Scheiben, Speere

Laufen kann jeder, springen auch – doch die hohe Kunst des Werfens und Stoßens beherrscht kaum jemand auf der weiten Welt so gut wie der Deutsche

„Mach doch mal was über den Marathon“, sagte der geschätzte Kollege V. am Handtelefon, aber natürlich hat man diese Aufforderung diskret ignoriert. Marathon ist so lang – und langweilig – und überhaupt: Heute ist schließlich die letzte Gelegenheit, unsere kleine Serie fortzusetzen, die den ebenso wunderbaren wie einmaligen Titel trägt „Was macht eigentlich …?“

Nur so zur Erinnerung: Der Finne schweigt, der Holländer fliegt, aber: WAS MACHT EIGENTLICH … der Deutsche hier in Helsinki? Nun ja, das ist keine sonderlich schwere Frage. Und leicht ist die Antwort, die da lautet: Er oder sie wirft – und zwar alles. Zum Beispiel: runde Kugeln, flache Scheiben, spitze Speere. Noch viel wichtiger aber ist: Der Deutsche gewinnt mit seiner Werferei auch noch, nämlich: erst einmal Bronze, dann zweimal Bronze und dann sogar Gold. Das ist zwar nicht sonderlich angesehen im Reich der Leichtathletik, aber was heißt das schon? Letztendlich ist es doch so: Laufen, ob lang oder schnell, kann jeder, vor allem Amis, Afrikaner und ein Katarer. Springen, ob hoch oder weit, kann auch jeder, vor allem Amis, Schweden und seit Samstag sogar ein Finne. Weitwerfen aber ist eine hohe Kunst, geprägt von höchster Technik, zu voller Entfaltung gebracht nur unter Einsatz größter Kraft. „Außerdem“, sagt Michael Möllenbeck, der weltdrittbeste Diskuswerfer, „haben wir die besten körperlichen Voraussetzungen.“ Klar: Der Deutsche an sich ist nun mal kein Hungerhaken.

Wie man zum Beispiel an Nadine Kleinert sehen kann. Sie ist groß. Sie ist blond. Sie ist blauäugig. Und sie ist von granitener … –nein, nein, das ist sie natürlich nicht. Aber eben verdammt gut im Werfen von Kugeln, fachsprachlich Stoßen genannt. Dass es hier in Helsinki nicht so geklappt hat, ist nicht weiter tragisch. Zum einen sind 19,07 m nicht wirklich schlecht. Zum anderen, und das sagt Nadine Kleinert selbst, hat sie schon so viel gewonnen, zum Beispiel Silber bei Olympia, da kommt es doch auf eine Medaille mehr oder weniger nicht an, sondern: „Jetzt bin ich eben Fünfte, das ist mal was anderes.“

Ja, das ist es. Und natürlich ist es ungewohnt für Deutschland, dieses gelobte Land der kraftvollen Techniker. Andererseits: Platz fünf könnte auch eine Finte gewesen sein, schon um die anderen Nationen in Sicherheit zu wiegen. Zum Beispiel beim gestrigen Speerwerfen der Frauen.

FRANK KETTERER