Arbeitsbedingungen bei Zulieferern: Gute Firmen, schlechte Firmen

Künftig müssen deutsche Unternehmen nachweisen, dass Lieferanten aus dem Ausland Menschenrechte einhalten. Wie das kontrolliert wird, ist aber unklar.

An Nähmaschinen sitzen Frauen mit Mundschutz

Werden hier Menschenrechte eingehalten? Deutsche Formen müssen das künftig nachweisen Foto: dpa

BERLIN taz | Ob sie die Menschenrechte in ihren Zulieferfabriken einhalten, sollen bundesdeutsche Unternehmen bis zum Sommer 2020 nachweisen. Darauf hat sich nun die Bundesregierung nach längeren Debatten geeinigt. Wie die Überprüfung genau abläuft, ist teilweise aber noch unklar. Deswegen fürchtet der grüne Entwicklungspolitiker Uwe Kekeritz: „Die Bundesregierung hat offenbar die Absicht, die Überprüfung von 2020 auf 2021 zu verschieben.“

Gibt es ausreichenden Brandschutz in Textilfabriken in Bangladesch, reichen die Verdienste von Kakao-Bauern in Ghana zum Überleben, leiden Anwohner von Bergwerken in Lateinamerika nicht unter Luftverschmutzung? Solche Aspekte müssen hiesige Firmen laut dem Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte (NAP) der Bundesregierung künftig berücksichtigen.

Ob sie das auch tun, soll eine Befragung zeigen, die die Regierung in Auftrag gibt. 1.800 Unternehmen bekommen deshalb demnächst Fragebögen zugeschickt. Erfüllt die Hälfte einer repräsentativen Firmen-Auswahl die Kriterien, freuen sich Regierung und Wirtschaft. Für den Fall, dass das Ergebnis schlechter als 50 Prozent ausfällt, drohen Union und SPD laut Koalitionsvertrag mit einem Gesetz, um die Unternehmen zu zwingen. Den Entwurf hat Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) bereits erarbeiten lassen.

Deshalb ist es wichtig, wie streng die Überprüfung ausfällt. Weil sie das Gesetz möglichst verhindern wollen, haben Bundeskanzleramt und Wirtschaftsministerium (beide CDU) versucht, die Kontrolle aufzuweichen. Im Abschlussbericht in einem Jahr sollen neben den eindeutigen Firmen-Gruppen „Erfüller“ und „Nicht-Erfüller“ auch die Kategorien „Unternehmen mit Umsetzungsplan“ und „Unternehmen auf gutem Wege“ aufgeführt werden. Dadurch sinkt die Zahl die Firmen, die die Kriterien nicht einhalten. Das Ergebnis wird positiver. Sollte es trotzdem zu wenige Erfüller geben, könnte man einige aus den beiden zusätzlichen Gruppen noch hinzunehmen, um die 50-Prozent-Quote zu erreichen.

Ohne Gesetz vergehen Jahre, bis etwas passiert

Dem widersprechen Außen- (SPD) und Entwicklungsministerium (CSU). Aus letzterem ist zu hören, dass im Sommer 2020 klipp und klar in Erfüller und Nicht-Erfüller unterschieden werde. Dieses Ergebnis bilde dann die Basis für die Entscheidung, ob das Gesetz nötig sei. Freilich, so wird eingeschränkt, gebe es eine „Nachmeldefrist“ bis Jahresende 2020 für Firmen aus den anderen beiden Gruppen, die die Kriterien verspätet doch noch einhielten. Das spiele für das Ergebnis aber keine Rolle.

Diese Unklarheit könnte zu weiteren Debatten führen. Nicht auszuschließen ist, dass der jetzt befriedete Konflikt zwischen den Ministerien anhand der Frage wieder aufbricht, wieviele Firmen die Überprüfung wirklich geschafft haben. Wobei 2021 die nächste planmäßige Bundestagswahl stattfinden soll. In den Monaten vorher und nachher liegt die Gesetzgebung weitgehend brach.

Deshalb prognostiziert Kekeritz: „Selbst wenn sich die Unternehmen mehrheitlich nicht an den Nationalen Aktionsplan halten, wird es in dieser Legislaturperiode wohl kein Gesetz mehr geben, um die Firmen zu verpflichten. Union und SPD verstoßen damit gegen den Koalitionsvertrag.“ Markus Löning (FDP), früher Beauftragter für Menschenrechte im Auswärtigen Amt, sagt: „Die Regierung sollte jetzt ein Gesetz machen. Sonst gehen wieder Jahre ins Land, in denen nichts passiert.“

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