Urteil im Fall Susanna F.: Lebenslange Haft für Ali B.

Das Landgericht Wiesbaden verurteilt den 22-jährigen Iraker wegen Mordes und Vergewaltigung und erkennt eine besondere Schwere der Schuld.

Mann hält Blatt Papier vor sein Gesicht

Ali B. beim Betreten des Gerichtssaals Foto: dpa

WIESBADEN taz | Das Wiesbadener Landgericht hat am Mittwoch den 22-jährigen Iraker Ali B. wegen Vergewaltigung und Ermordung der 14-jährigen Susanna F. zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht erkannte eine besonders schwere Schuld. Eine vorzeitige Entlassung des Täters ist so auch nach 15 Jahren Haft ausgeschlossen. Zudem erklärte die Kammer den Vorbehalt der Sicherheitsverwahrung. Wenn es für Ali B. nach der Haft keine positive Prognose geben sollte, bleibt er weggesperrt.

Susannas Ermordung hatte bundesweit für große Aufregung gesorgt, weil wie zuvor in Freiburg und Kandel ein Asylbewerber ein Mädchen umgebracht hatte. Auch dieser Fall hatte fremdenfeindliche Hassbotschaften und Demonstrationen gegen die Einwanderungspolitik der Bundesregierung ausgelöst.

Zum Auftakt des Prozesses gestand der Angeklagte zwar, Susanna getötet zu haben, bestritt die Vergewaltigung jedoch. In seiner fast dreistündigen Urteilsbegründung rekonstruierte der Vorsitzende Richter die letzten Stunden vor der Gewalttat. Jürgen Bonk arbeitete minutiös die Aussagen der Zeugen aus den Cliquen ab, denen Täter und Opfer angehört hatten. Akribisch zitierte er Chatprotokolle und ausgelesene Verbindungsdaten. Ali B. habe Susanna ja bereits drei Wochen vor der Tat sexuell bedrängt, sie habe sich seitdem vor ihm gefürchtet. „Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Ihnen und Susanna hat es nie gegeben“, sagte er.

Vor der Tat habe der sechs Jahre ältere Mann das sexuell unerfahrene Mädchen „mit einer perfiden Planung“ und mit „manipulativer Energie“ von den anderen Jugendlichen separiert, um sie an einem abgelegenen Ort sexuell missbrauchen zu können. Schließlich habe er Susanna erwürgt, als sie mit der Polizei gedroht habe.

Bewegende Worte

In der Urteilsbegründung machte sich das Gericht die Einschätzung der psychiatrischen Gutachterin Hildegard Müller zu eigen, nach der der Angeklagte eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit psychopathischen Züge aufweise. „Ich habe doch nur ein Mädchen totgemacht“, mit dieser Rechtfertigung habe Ali B. seine frauenfeindliche Einstellung offenbart. Frauen, die einen freiheitlichen Umgang mit Jungen und Männern pflegten, sehe der Angeklagte als „Schlampen“ an, die zur Befriedigung seiner Bedürfnisse benutzt werden dürften, sagte der Richter.

In bewegenden Worten wandte er sich an Susannas Mutter, die vor Gericht Selbstvorwürfe zu Protokoll gegeben hatte. Es sei ihr mit ihrer Zeugenaussage eindrucksvoll gelungen, alle Gerüchte über die angebliche Verwahrlosung ihrer Tochter „wegzufegen“, sagte der Kammervorsitzende.

Richter Jürgen Bonk

„Alleine Sie tragen die Verantwortung an Susannas Tod“

Der Angeklagte habe sich zwar entschuldigt, dagegen nicht einmal ansatzweise glaubhaft Reue oder Mitgefühl gezeigt: „Alleine Sie und niemand anderes, nicht der Staat, nicht die Freunde und nicht Susanna, tragen die Verantwortung an Susannas Tod!“, rief Bonk dem Angeklagten zu. Das Gericht verpflichtete ihn, Mutter und Schwester des Opfers je 50.000 Euro Hinterbliebengeld zu zahlen.

Das Urteil begründete das Gericht mit der außerordentlichen Gewalttätigkeit und der rücksichtslosen Begehung der Taten. So nannte der Richter als „widerliches Detail“ die Tatsache, dass der Täter der ermordeten Susanna sogar noch ihre neuen Schuhe ausgezogen habe, bevor er sie in einem Erdloch verscharrt hatte.

Die Aussichten auf seine Rehabilitation bewertet das Gericht pessimistisch. Es sei kaum wahrscheinlich, dass sich Ali B.’s Persönlichkeitsprofil im Gefängnis ändern ließe, sagte der Richter.

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