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: Feiern unter Rechten

In der Sachsen-WG der taz­ost startet die zweite Woche mit leicht ausgewechselter Besetzung. Die alten Hasen, die nun seit sieben Tagen in Dresden wohnen, erholen sich derweil vom Nachtleben des Wochenendes. Bei Temperaturen nicht unter 22 Grad trieb es die Leute zum Feiern auf die Straße. Zum „Cornern“, dem geselligen Biertrinken an der Kreuzung, wie man es etwa aus dem Hamburger Schanzenviertel oder vom Bremer Sielwall-Eck kennt, treffen sich junge Menschen in der Dresdner Neustadt an der Ecke von Louisen- und Görlitzer Straße.

Das Viertel ist eine Oase. In schmucken Altbauten reihen sich Biergärten, Kneipen und angesagte Cafés aneinander. Eigentlich ist es hier sehr nett, MigrantInnen, Punks, StudentInnen, Hipster finden ihren Fenstervorsprung, ihre Bank oder ihren Bordstein. Gleichwohl: Wo junge Männer Alkohol trinken, bleiben leider sexistische Sprüche und Pöbeleien nicht aus. Auch Grüppchen, die ihr Umfeld mit der ersten Strophe des Deutschlandlieds belästigten, mussten die taz-ReporterInnen erleben. Sticker der rechts­ex­tre­men Identitären Bewegung gehören zum Straßenbild.

Dass es in der alternativ-anmutenden Neustadt seit einiger Zeit wieder vermehrt Probleme mit Neonazis gibt, berichteten uns AktivistInnen. Trauriger Höhepunkt waren wohl Auseinandersetzungen mit Flaschenwürfen, nachdem einige Neonazis meinten, am 20. April diesen Jahres Hitlers Geburtstag in einer Neustädter Kneipe feiern zu müssen. Auch deshalb zogen am 5. Juli AntifaschistInnen auf einer Demo unter dem Motto „Kein Viertel für Nazis!“ durch den Kiez.

Mit rechten Sprüchen hat auch Karin Rauschenbach zu tun, Vorsitzende der Tafel in Freital. Redakteurin Belinda Grasnick hat sie dort getroffen (siehe Seite 6). Bekannt wurde das Örtchen durch die rechtsterroristische „Gruppe Freital“ und rassistische Ausschreitungen. Rauschenbach verteilt Essen an Alteingesessene wie neuzugezogene Geflüchtete. Für sie ist das selbstverständlich.

Ebenfalls kein einfaches Pflaster für Linke und Geflüchtete ist Bautzen in der Oberlausitz. Wir hören von einem rassistischen Alltag. Am Samstag war Linda Peikert dabei, als die Konzertreihe „Wann wenn nicht jetzt“ hier Station machte.

Die Wahlen in Sachsen und Brandenburg verfolgt die taz bis zum 3. September mit einer Redaktion in Dresden. Alle Texte: taz.de/tazost

Jean-Philipp Baeck