SchülerInnen-Boom in Hamburg: Die Kinderlein kommen

Immer mehr SchülerInnen an Hamburgs Schulen. Bildungssenator Rabe (SPD) freut das, die Opposition findet, er habe diese Entwicklung verschlafen.

frisch eingeschulter blonder Junge, eine Schultüte auf dem Tisch vor sich

Werden immer mehr: Erstklässle­rInnen Foto: dpa

HAMBURG taz| Betreibt er vorausschauende Schulpolitik oder hinkt Schulsenator Ties Rabe (SPD) der Entwicklung hinterher? Anlässlich des Schulbeginns zog Rabe wie immer eine äußerst positive Bilanz seiner Arbeit. Die Opposition, von der Linken bis zur CDU, aber ist sich einig: Rabe habe voraussehbare Entwicklungen schlicht verpennt und viel zu spät auf wachsende SchülerInnenzahlen reagiert.

Und die steigen rapide. Erstmals seit Ende der 70-Jahre erwarten Hamburgs allgemeinbildende Schulen mehr als 200.000 SchülerInnen im neuen Schuljahr. Besonders die Zahl der ErstklässlerInnen steigt um 5,3 Prozent, was einem Plus von 771 Kindern entspricht.

Mehr Ausbildungsplätze für LehrerInnen, mehr LehrerInnen an den Schulen, mehr Ganztagsangebote, mehr kostenlose schulische Ferienbetreuung und weniger Kosten für die Kinder einkommensschwacher Eltern: Mit diesem Programm sieht Rabe die Schulen für die Zukunft gut gerüstet. Die Unterrichtsqualität würde so verbessert, sozial schwächeren Familien geholfen, der Weg in eine güldene Schulzukunft geebnet.

Zu spät reagiert?

Das sieht die Opposition anders und kritisiert vor allem, dass der Senator viel zu spät auf die ansteigenden SchülerInnenzahlen regiert habe. Denn die stiegen schon in den vergangenen Jahren parallel zum Hamburger Bevölkerungswachstum kontinuierlich. Laut Prognosen der Schulbehörde, wird die Zahl der SchülerInnen bis 2030 von jetzt gut 200.000 auf etwa 240.000 wachsen und damit die Rekordmarke von 1972 erreichen.

Die „Planungen der Schulbehörde hinken den wachsenden Schülerzahlen weiterhin hinterher“, klagt die schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Birgit Stöver. Mit dem im Mai vorgelegten Schulentwicklungsplan (Sepl) habe die Schulbehörde „viel zu spät begonnen“, auch der „angekündigte Anstieg der Ausbildungsplätze für Lehrerinnen und Lehrer“ komme zu spät, „denn längst fehlen Lehrkräfte, wodurch regelmäßig Unterricht ausfällt.“

Anna von Treuenfels-Frowein, Bildungzuständige der FDP, ergänzt: Auch beim Schulbau hinke der Senator dem Boom hinterher. So sieht der Plan die Gründung von 39 allgemeinbildenden Schulen in den kommenden elf Jahren vor, doch nach den Sommerferien geht kein einziger neuer Standort an den Start. Die bestehenden Schulen müssen das SchülerInnen-Plus aufnehmen.

Das wird umso schwieriger, weil die Schulbehörde zuletzt Schulflächen reduziert hat, um Miete zu sparen. „Allein in den letzten sechs Jahren hat Rabe Hamburgs Schulen insgesamt 75.000 Quadratmeter Fläche abgenommen und teilweise anschließend veräußert“, erinnert die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Sabine Boeddinghaus. Flächen, die nun aufgrund des SchülerInnenbooms dringend gebraucht würden.

Stadtteilschulen auf Kurs

Immerhin: Für die Entwicklung der Stadtteilschulen muss Rabe hingegen keine Kritik mehr einstecken. Sie liegen bei den Anmeldungen mit den Gymnasien inzwischen fast gleichauf. Vor drei Jahren hatte die erst 2010 gegründete Schulform gedroht, zur „Resteschule“ zu verkommen: Ihre Anmeldezahlen sanken anhaltende, immer mehr Eltern zogen das Gymnasium vor.

So entfielen im Jahr 2016 nur 44 Prozent der FünftklässlerInnen-Anmeldungen auf diese Schulform, 56 Prozent auf die Gymnasien. Kommende Woche werden Rabe zufolge nun aber 49 Prozent (6.964 SchülerInnen) an Stadtteilschulen starten, die restlichen 51 Prozent (7.207 Kinder) an Gymnasien. Mit der Verbesserung der Lehrbedingungen und Imagekampagnen ist es der Schulbehörde offenbar gelungen, die Talfahrt der Stadtteilschulen zu stoppen.

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